Kirchenordnung 1581
theri lesen und auswendig lernen62. Hernacher
sol man ihnen elementa Bonni63 oder das kurze
compendium Metzleri64, darinnen die octo par-
tes orationis mit ihren accidentibus kürzlich in
fragen gestellet, proponiren und ihnen dabey die
disticha Catonis65 erkleren, auch den lateini-
schen catechismum hören lassen. Item66, man
sol sie leren schreiben und dazu halten, das sie
ihre schriften dem schulmeister weisen. Item,
auf das sie desto mehr lateinischer wörter ler-
nen, sol man ihnen alle tage des abends zwey
lateinische wörter zu lernen anschreiben, die sie
behalten und des morgens dem schulmeister sol-
len aufsagen, und sollen dieselben zusamen in
ein büchlein schreiben. Item, diese kinder sollen
auch zur musica gehalten werden und mit den
andern singen lernen.
Das ander heuflein sein kinder, welche nun
die regulas grammatices anfahen zu hören67.
62 Entsprechend der Oldenburger KO v. 1573 und
der Mecklenburger KO v. 1552 (Sehling V, 215).
63 Hermann Bonnus (geb. 1504 in Quakenbrück,
ca. 1523—25 Student in Wittenberg u. 1525
—1527 Lehrer in Greifswald, dann in Stral-
sund, 1528 Lehrer des Prinzen Johann v.
Dänemark in Gottorp, 1530 Rektor in Lübeck,
1531 Superintendent, 1543 als Reformator in
Osnabrück, † 1548 in Lübeck) entwarf für
den Prinzen Johann v. Dänemark eine lat.
Grammatik, die er später von Lübeck aus
in den Druck gab. Sie fand in Norddeutsch-
land weite Verbreitung, schon wegen der
Verwendung des niederdeutschen Dialekts
darin. Vgl. bes. B. Spiegel, Hermann Bon-
nus2. 1892, über die „Elementa“ ibid. 17 ff.,
dazu G. Kawerau, RE3 3, 313 f.
64 Dr. Johann Metzler, geb. um 1494 in Breslau,
† 1538, Staatsmann und Lehrer der klass. Spra-
chen, bes. des Griechischen. Ein eigentliches
Kompendium der lat. Grammatik von M. ist
nicht bekannt. Vermutlich sind hier die Scho-
lien zu Ciceros Cato (Hagenau 1531) gemeint.
Vgl. Allgem. deutsche Biographie 21. 1885,
531 f.
65 = Sammlung lat. Spruchweisheit, Ausg. Baeh-
rens, Poetae lat. min. III, 205 ff.; vgl. Pauly-
Wissowa, Realencycl. f. klass. Altertumswis-
sensch. V, 358 ff. Auch die Oldenburger KO
v. 1573 und die Mecklenburger v. 1552 (Seh-
ling V, 215) sehen die Beschäftigung mit C.
vor.
Diesen sol man des morgens von sechsen biß zu
sieben die grammaticam Philippi68 lesen und die-
selbe fleissig inculciren. Darnach von sieben biß
zu achten sol man ihnen die selecta colloquia
Erasmi69 proponiren. Zu neun uhren biß zehen
sol der rector den provectioribus die comoedias
Terentii seorsim im sonderlichen lectorio lesen.
Mitlerweil sol einer von den collegis den andern
ubrigen die fabulas Aesopi, welche vom Joachimo
Camerario lateinisch gemacht70, und wenn die
geendet, libellum de civilitate morum Erasmi71
lesen. Umb zwölf uhr kommen die knaben wie-
der zur schulen, und sol der cantor die musicam
choralem et figuralem, eine umb die andere, mit
den kindern exerciren biß zu ein uhr. Von eins
schlag biß zu zweyen sol man den fürnembsten
lesen die dialogos Castalionis72, item Mureti73,
und nach endung derselben die epistolas Cicero-
nis. Und sol den andern und geringern der ca-
66 Von hier bis zum Schluß des Abschnitts teils
nur sachliche, teils auch wörtliche Anlehnung
an die Oldenburger KO v. 1573, damit auch
an die Mecklenburger KO v. 1552 (Sehling V,
215).
67 So auch die Vorlage und die Mecklenburger
KO v. 1552 (a.a.O.).
68 Vgl. oben S. 784, Anm. 54.
69 Vgl. oben S. 784, Anm. 53.
70 Joachim Camerarius, geb. 1500 in Bamberg,
studierte in Leipzig, dann in Erfurt u. Wit-
tenberg, wo er bereits Vorlesungen hielt,
wurde 1526 Lehrer am Gymnasium in Nürn-
berg, 1535 an die Universität Tübingen be-
rufen; seit 1541 war er Lehrer an der Uni-
versität Leipzig, † 17. 4. 1574; vgl. Allgem.
deutsche Biographie 3. 1876, 720 ff.; Th. Kolde,
RE3 3, 687 ff. — Auch die genannten KOO
sehen die Fabeln Aesops vor (a. a. O.).
71 De civilitate morum puerilium libellus; Opp.
(Clericus) I. Leyden 1703, 1029 ff. — Auch in
den genannten KOO vorgesehen (a. a.O.).
72 Sebastian Castellio (geb. 1515 in St. Martin
du Fresne, Rektor der Gelehrtenschule und
Prediger in Genf, entwich wegen seines Zer-
würfnisses mit Calvin nach Basel, dort 1552
Professor der griech. Literatur, † 1563), Dialogi
sacri. Genf 1543, viel gebrauchtes Schulbuch,
in dem zum Zweck des Jugendunterrichts
die bibl. Geschichte erzählt wird; vgl. R.
Stähelin, RE3 3, 750 ff.
73 Marcus Antonius Muretus, geb. 1526 zu Muret
b. Limoges, † 1585 zu Rom. Gemeint sind
wohl die Orationes (Opp. I. Verona 1727).
1177
theri lesen und auswendig lernen62. Hernacher
sol man ihnen elementa Bonni63 oder das kurze
compendium Metzleri64, darinnen die octo par-
tes orationis mit ihren accidentibus kürzlich in
fragen gestellet, proponiren und ihnen dabey die
disticha Catonis65 erkleren, auch den lateini-
schen catechismum hören lassen. Item66, man
sol sie leren schreiben und dazu halten, das sie
ihre schriften dem schulmeister weisen. Item,
auf das sie desto mehr lateinischer wörter ler-
nen, sol man ihnen alle tage des abends zwey
lateinische wörter zu lernen anschreiben, die sie
behalten und des morgens dem schulmeister sol-
len aufsagen, und sollen dieselben zusamen in
ein büchlein schreiben. Item, diese kinder sollen
auch zur musica gehalten werden und mit den
andern singen lernen.
Das ander heuflein sein kinder, welche nun
die regulas grammatices anfahen zu hören67.
62 Entsprechend der Oldenburger KO v. 1573 und
der Mecklenburger KO v. 1552 (Sehling V, 215).
63 Hermann Bonnus (geb. 1504 in Quakenbrück,
ca. 1523—25 Student in Wittenberg u. 1525
—1527 Lehrer in Greifswald, dann in Stral-
sund, 1528 Lehrer des Prinzen Johann v.
Dänemark in Gottorp, 1530 Rektor in Lübeck,
1531 Superintendent, 1543 als Reformator in
Osnabrück, † 1548 in Lübeck) entwarf für
den Prinzen Johann v. Dänemark eine lat.
Grammatik, die er später von Lübeck aus
in den Druck gab. Sie fand in Norddeutsch-
land weite Verbreitung, schon wegen der
Verwendung des niederdeutschen Dialekts
darin. Vgl. bes. B. Spiegel, Hermann Bon-
nus2. 1892, über die „Elementa“ ibid. 17 ff.,
dazu G. Kawerau, RE3 3, 313 f.
64 Dr. Johann Metzler, geb. um 1494 in Breslau,
† 1538, Staatsmann und Lehrer der klass. Spra-
chen, bes. des Griechischen. Ein eigentliches
Kompendium der lat. Grammatik von M. ist
nicht bekannt. Vermutlich sind hier die Scho-
lien zu Ciceros Cato (Hagenau 1531) gemeint.
Vgl. Allgem. deutsche Biographie 21. 1885,
531 f.
65 = Sammlung lat. Spruchweisheit, Ausg. Baeh-
rens, Poetae lat. min. III, 205 ff.; vgl. Pauly-
Wissowa, Realencycl. f. klass. Altertumswis-
sensch. V, 358 ff. Auch die Oldenburger KO
v. 1573 und die Mecklenburger v. 1552 (Seh-
ling V, 215) sehen die Beschäftigung mit C.
vor.
Diesen sol man des morgens von sechsen biß zu
sieben die grammaticam Philippi68 lesen und die-
selbe fleissig inculciren. Darnach von sieben biß
zu achten sol man ihnen die selecta colloquia
Erasmi69 proponiren. Zu neun uhren biß zehen
sol der rector den provectioribus die comoedias
Terentii seorsim im sonderlichen lectorio lesen.
Mitlerweil sol einer von den collegis den andern
ubrigen die fabulas Aesopi, welche vom Joachimo
Camerario lateinisch gemacht70, und wenn die
geendet, libellum de civilitate morum Erasmi71
lesen. Umb zwölf uhr kommen die knaben wie-
der zur schulen, und sol der cantor die musicam
choralem et figuralem, eine umb die andere, mit
den kindern exerciren biß zu ein uhr. Von eins
schlag biß zu zweyen sol man den fürnembsten
lesen die dialogos Castalionis72, item Mureti73,
und nach endung derselben die epistolas Cicero-
nis. Und sol den andern und geringern der ca-
66 Von hier bis zum Schluß des Abschnitts teils
nur sachliche, teils auch wörtliche Anlehnung
an die Oldenburger KO v. 1573, damit auch
an die Mecklenburger KO v. 1552 (Sehling V,
215).
67 So auch die Vorlage und die Mecklenburger
KO v. 1552 (a.a.O.).
68 Vgl. oben S. 784, Anm. 54.
69 Vgl. oben S. 784, Anm. 53.
70 Joachim Camerarius, geb. 1500 in Bamberg,
studierte in Leipzig, dann in Erfurt u. Wit-
tenberg, wo er bereits Vorlesungen hielt,
wurde 1526 Lehrer am Gymnasium in Nürn-
berg, 1535 an die Universität Tübingen be-
rufen; seit 1541 war er Lehrer an der Uni-
versität Leipzig, † 17. 4. 1574; vgl. Allgem.
deutsche Biographie 3. 1876, 720 ff.; Th. Kolde,
RE3 3, 687 ff. — Auch die genannten KOO
sehen die Fabeln Aesops vor (a. a. O.).
71 De civilitate morum puerilium libellus; Opp.
(Clericus) I. Leyden 1703, 1029 ff. — Auch in
den genannten KOO vorgesehen (a. a.O.).
72 Sebastian Castellio (geb. 1515 in St. Martin
du Fresne, Rektor der Gelehrtenschule und
Prediger in Genf, entwich wegen seines Zer-
würfnisses mit Calvin nach Basel, dort 1552
Professor der griech. Literatur, † 1563), Dialogi
sacri. Genf 1543, viel gebrauchtes Schulbuch,
in dem zum Zweck des Jugendunterrichts
die bibl. Geschichte erzählt wird; vgl. R.
Stähelin, RE3 3, 750 ff.
73 Marcus Antonius Muretus, geb. 1526 zu Muret
b. Limoges, † 1585 zu Rom. Gemeint sind
wohl die Orationes (Opp. I. Verona 1727).
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