Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0507
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kirchenordnung 1581

nicht allein mit schrecklichem fluche und be-
raubung der irdischen, sondern auch der ewigen
güter laut Gottes wort gestrafft werden.
VI.
Von gottesdiensten in der wochen und von
sonderlichen verordneten bethtagen.
Es befindet sich leider auf die bettage, da wir
in christlicher versamlung für anliegende noth
durch die wolgeordneten gebet der lytaney16 im
namen Christi bitten und Gott von herzen an-
ruffen solten, das er die wolverdiente straff un-
ser sünde aus gnaden entweder von uns ab-
wenden oder doch lindern wolte, das alßdann
die leute mit ihren söhnen und töchtern, knech-
ten und megden ihrer handwerk und arbeit im
hause und im felde warnemen, daher denn alles
zeitliche und ewige unglück entspringet, wie denn
Gott oftmals in der schrift den verechtern seines
heiligen worts solches lesset verkündigen. Der-
halben gebieten wir unsern unterthanen, das sie
sich auf die bestimpten bettage zur kirchen ver-
fügen und Gott sampt den dienern des worts
durch die geordneten gebet der litaney herzlich
anruffen helfen. Und sollen zu der behülf die
pforten in den städten und flecken, biß so lang
der sermon geendet, zugeschlossen werden und
auf den dörfern jo zum geringsten eine person
aus jedem hause zur litaney kommen. Die hierin
ungehorsam erfunden werden, wollen wir in ge-
bürliche straffe nemen lassen.
Nachdem auch befunden wird, das die geseeten
und ereugeten17 früchte an holz und felde on
zweifel umb der menschen undankbarkeit und
boßheit willen oft beschediget werden, schaden
nemen und verderben und man sich solcher gött-
lichen rute und straffe in diesen letzten tagen
bey so grosser undankbarkeit, mißbrauch und
boßheit der welt noch mehr zu vermuten hat,
ordnen wir und wollen auch ernstlich, das un-
sere pastorn jherlich auf den Mitwoch nach
Exaudi ein jeder in seiner befohlnen kirchen
eine bettmesse laut unserer kirchenordnung hal-

16 Vgl. oben S. 1152 u. 1155 f.

ten und ihre befohlne pfarrkinder zum gebet
fleissig vermanen sollen, damit der gütige, barm-
herzige Gott sich unser erbarmen, den geseeten
samen und die früchte des holzes und feldes in
gnaden erhalten, segnen und zu ihrem wachs-
thum kommen lassen wolle, auch in der predigt
die leute zur busse fürdern und die exempla gött-
licher schrift aller der, so den Herrn umb zeit-
lichen segen und hülfe angeruffen, sampt den
gezeugnissen, so dahin gerichtet, soviel müglich,
allegiren und am ende der predigt beten, wie
hernach folget:
Herr, allmechtiger Gott, ein könig himels und
der erden, der du durch deine uberschwengliche
güte den ganzen erdboden mit allerley früchten
zierest und erfüllest, davon die menschen und
viehe ihre nahrung haben, wir bitten dich urnb
deiner barmherzigkeit willen, du wollest unser
land segnen und benedeyen, das es seine früchte
und vermögen gebe; denn wir von uns selbst
nicht ein körnlein aus der erden können herfür-
bringen oder demselben helfen, wo du nicht das
gedeyen gibst. Darumb verleihe der lieben frucht
ein gnedigs gewitter, das sie wachsen und wol
geraten. Behüte sie für hagel und ungewitter,
für verheerung, für allem ungedey und schaden.
Laß das land nicht feyren in deinem zorn, das
es nicht wüste liege und unfruchtbar bleibe.
Schleus den himel nicht zu in deinem grimm
umb unser sünde willen, das er nicht werde wie
eisen und die erde gleich als erz, sondern gib
uns frü und spat regen und fruchtbare zeit. Laß
dir, lieber Gott, in deine gnedige beschützung
befohlen sein die liebe saat und alle gewechs
des erdreichs. Erhalt sie im froste, kelte, eyse,
schnee, im winde, hitze und trockem, im regen
und allem fürfallendem ungewitter, das sie nicht
beschediget werden. Behüte uns für mißwach-
sung, für theurer zeit, für hunger und kummer.
Sihe, wir bekennen unsere sünde mit reuigem
herzen und schreyen zu dir, unserm Gott, du
wollest hören im himel, in dem thron, da du
wohnest, und gnedig sein der sünde deines volks
17 = sichtbar gewordenen; vgl. Grimm, Deut-
sches Wörterbuch III (1862), 698.

1189
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften