14. Juni 2008
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Abbildung 6: Induktion der Augenlinse
Der Augenbecher (ov) induziert im darüberliegenden Ektoderm (Ect) zunächst die Linsenplakode
(LP) aus der sich die reife Augenlinse entwickelt. Die Augenlinse ihrerseits induziert im Ektoderm
die Hornhaut (nicht gezeigt) (Weaver and Hogan, 2001).
dieses Stadium charakteristischen morphogenetischen Zellbewegungen ihren
Ursprung nehmen. Bei dieser berühmten Transplantation wurde die obere Urmund-
lippe aus dem nahezu pigmentlosen Kamm-Molch entnommen und in die Gastru-
la des pigmentierten Streifenmolchs in den Bereich der präsumtiven Bauchhaut ver-
pflanzt.
Auf Grund der Pigmentierungsunterschiede konnte später leicht zwischen
Spender und Wirtszellen unterschieden werden. Als Ergebnis der Transplantation der
dorsalen Urmundlippe entwickelte sich im Wirtskeim ein siamesischer Zwillings-
embryo, mit sekundärer Neuralplatte, aus der sich das zentrale Nervensystem bildet,
ferner mit Urwirbeln, primitiven Nieren und Chorda dorsalis. Das Bemerkenswerte
an diesem Experiment war nun, dass die Mehrzahl, der sich in diesem Zwilling orts-
fremd entwickelnden Zellen nicht vom Transplantat, sondern von den Wirtszellen
selbst stammte. Die benachbarten Wirtszellen „vergaßen“ also unter dem Einfluss der
transplantierten Urmundlippe ihr normales Schicksal, nämlich Bauchhaut zu werden,
und differenzierten stattdessen ein komplexes Muster von Geweben, das sich har-
monisch in einen Zwillingsembryo entwickelte. Die Urmundlippe wurde so als
Organisationszentrum erkannt, das einen induzierenden Einfluss auf benachbarte
Zellen bezüglich ihres Zellschicksals hat.Wir bezeichnen daher die dorsale Urmund-
lippe als Spemann-Organisator und seine Fähigkeit, Nachbarzellen bezüglich ihrer
Differenzierung zu beeinflussen, als Induktion. Die induktiven Eigenschaften des
Organisators wurden in den folgenden Jahren von Spemann und seinen Kollegen
systematisch untersucht. Unter anderem wurde deutlich, dass es sich bei der Induk-
tion um eine komplexe Wechselwirkung zwischen Transplantat und Wirt handelt, bei
dem auch das Reaktionssystem bezüglich der Qualität der Induktionen eine ent-
scheidende Rolle spielt. Der induktive Einfluss geht nicht nur einseitig vom Orga-
nisator auf ein passives Reaktionssystem aus, sondern es handelt sich um eine Wech-
selwirkung von Zellen.
Das Phänomen der Induktion traf Spemann nicht unvorbereitet. Er hatte es 20
Jahre zuvor bei der Untersuchung der Augenentwicklung entdeckt (Abb. 6). Das
Wirbeltierauge setzt sich aus dem Augenbecher und der Linse zusammen, die Deri-
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Abbildung 6: Induktion der Augenlinse
Der Augenbecher (ov) induziert im darüberliegenden Ektoderm (Ect) zunächst die Linsenplakode
(LP) aus der sich die reife Augenlinse entwickelt. Die Augenlinse ihrerseits induziert im Ektoderm
die Hornhaut (nicht gezeigt) (Weaver and Hogan, 2001).
dieses Stadium charakteristischen morphogenetischen Zellbewegungen ihren
Ursprung nehmen. Bei dieser berühmten Transplantation wurde die obere Urmund-
lippe aus dem nahezu pigmentlosen Kamm-Molch entnommen und in die Gastru-
la des pigmentierten Streifenmolchs in den Bereich der präsumtiven Bauchhaut ver-
pflanzt.
Auf Grund der Pigmentierungsunterschiede konnte später leicht zwischen
Spender und Wirtszellen unterschieden werden. Als Ergebnis der Transplantation der
dorsalen Urmundlippe entwickelte sich im Wirtskeim ein siamesischer Zwillings-
embryo, mit sekundärer Neuralplatte, aus der sich das zentrale Nervensystem bildet,
ferner mit Urwirbeln, primitiven Nieren und Chorda dorsalis. Das Bemerkenswerte
an diesem Experiment war nun, dass die Mehrzahl, der sich in diesem Zwilling orts-
fremd entwickelnden Zellen nicht vom Transplantat, sondern von den Wirtszellen
selbst stammte. Die benachbarten Wirtszellen „vergaßen“ also unter dem Einfluss der
transplantierten Urmundlippe ihr normales Schicksal, nämlich Bauchhaut zu werden,
und differenzierten stattdessen ein komplexes Muster von Geweben, das sich har-
monisch in einen Zwillingsembryo entwickelte. Die Urmundlippe wurde so als
Organisationszentrum erkannt, das einen induzierenden Einfluss auf benachbarte
Zellen bezüglich ihres Zellschicksals hat.Wir bezeichnen daher die dorsale Urmund-
lippe als Spemann-Organisator und seine Fähigkeit, Nachbarzellen bezüglich ihrer
Differenzierung zu beeinflussen, als Induktion. Die induktiven Eigenschaften des
Organisators wurden in den folgenden Jahren von Spemann und seinen Kollegen
systematisch untersucht. Unter anderem wurde deutlich, dass es sich bei der Induk-
tion um eine komplexe Wechselwirkung zwischen Transplantat und Wirt handelt, bei
dem auch das Reaktionssystem bezüglich der Qualität der Induktionen eine ent-
scheidende Rolle spielt. Der induktive Einfluss geht nicht nur einseitig vom Orga-
nisator auf ein passives Reaktionssystem aus, sondern es handelt sich um eine Wech-
selwirkung von Zellen.
Das Phänomen der Induktion traf Spemann nicht unvorbereitet. Er hatte es 20
Jahre zuvor bei der Untersuchung der Augenentwicklung entdeckt (Abb. 6). Das
Wirbeltierauge setzt sich aus dem Augenbecher und der Linse zusammen, die Deri-