Gottfried Seebaß
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machte sie bekannt — Seebaß wurde zum unbestrittenen Osiander-Spezialisten.
Eine nach aufwendigen Bibliotheksrecherchen sorgfältig erarbeitete „Bibliographia
Osiandrica“ (erschienen 1971) legte das Fundament für die von ihm zusammen mit
Gerhard Müller herausgegebene Gesamtausgabe der Schriften und Briefe Andreas
Osianders d. A.— die zehn Bände erschienen zwischen 1977 und 1997 (1984 unter
die Forschungsvorhaben der Heidelberger Akademie aufgenommen). In zahlreichen
Bänden hat Herr Seebaß mehrere, zum Teil umfangreiche Texte selbst editorisch auf-
bereitet.
Die Beschäftigung mit Osiander führte Herrn Seebaß zu Forschungen über
die Reformation in Nürnberg, die sich in verschiedenen Aufsätzen niederschlugen,
darunter einem über das viel diskutierte Thema „Dürers Stellung in der reformato-
rischen Bewegung“.Von Nürnberg ausgehend, folgten Studien über die reichsstäd-
tische Reformation generell. Diese Thematik hat ihn immer wieder in speziellen
Aufsätzen (unter anderem über Augsburg) und allgemeinen Beiträgen (zuletzt 2002
im Handbuch der Geschichte der evangelischen Kirche in Bayern) beschäftigt.
Die Habilitationsschrift galt „Müntzers Erbe. Werk, Leben und Theologie des
Hans Hut“. Sie blieb lange ungedruckt, da ihr noch ein ausführlicher Quellenanhang
beigegeben werden sollte (zu dem es jedoch nicht kam, daher erst 2002 unverändert
mit einem aktualisierenden Nachwort erschienen), wurde aber im Typoskript von
vielen Forschern benutzt. Die Arbeit war die erste eingehende Untersuchung, die
dem Täuferführer Hut (gestorben 1527) gewidmet wurde. Für Seebaß waren die
Grundkonstanten der Theologie Huts von Müntzer geprägt — ein Ergebnis, das in
der Täuferforschung der folgenden Jahrzehnte nicht durchweg auf Zustimmung
stieß, zu dem er jedoch in sorgfältiger Analyse aller verfügbaren Quellenzeugnisse
gelangt war. In der deutschsprachigen Täuferforschung gehörte er fortan zu den
maßgeblichen Autoritäten.
Von Hut und dem frühen Täufertum ausgehend, erschloss sich Herr Seebaß
mit zahlreichen Publikationen das Forschungsfeld des sogenannten linken Flügels
der Reformation - zu nennen sind hier insbesondere die Aufsätze über „Bauern-
krieg und Täufertum in Franken“ und „Bauernkrieg und radikale Reformation“.
In denselben Themenkreis gehört der wichtige Beitrag zur Müntzer-Forschung über
„Reich Gottes und Apokalyptik bei Thomas Müntzer“. Für die 36-bändige Theolo-
gische Realenzyklopädie, deren Mitherausgeber Herr Seebaß seit Band 4 (1979) war,
verfasste er die biographischen Artikel über Hut, Müntzer und Osiander sowie die
Sachartikel über Antichrist, Apokalyptik und Reformation.
Herr Seebaß hat sich in verschiedenen Arbeiten auch mit Luther („Ein Luther
ohne Goldgrund“), Brenz und Bucer beschäftigt. Für Bucer gab er „mit Unterstüt-
zung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften“ 2005 die monumentale
Bibliographie heraus. Seit seiner Edition der Brandenburgisch-Nürnbergischen Kir-
chenordnung von 1533 in der Osiander-Ausgabe blieb das Interesse von Herrn See-
baß den Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts zugewandt. Seine beiden letzten
Publikationen geben Vorträge wieder, die er anlässlich der Präsentation von zwei
Bänden, die die von ihm geleitete Forschungsstelle vorgelegt hatte, in Stuttgart
(2005) und in Zweibrücken (2007) gehalten hat. In mehreren Untersuchungen ging
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machte sie bekannt — Seebaß wurde zum unbestrittenen Osiander-Spezialisten.
Eine nach aufwendigen Bibliotheksrecherchen sorgfältig erarbeitete „Bibliographia
Osiandrica“ (erschienen 1971) legte das Fundament für die von ihm zusammen mit
Gerhard Müller herausgegebene Gesamtausgabe der Schriften und Briefe Andreas
Osianders d. A.— die zehn Bände erschienen zwischen 1977 und 1997 (1984 unter
die Forschungsvorhaben der Heidelberger Akademie aufgenommen). In zahlreichen
Bänden hat Herr Seebaß mehrere, zum Teil umfangreiche Texte selbst editorisch auf-
bereitet.
Die Beschäftigung mit Osiander führte Herrn Seebaß zu Forschungen über
die Reformation in Nürnberg, die sich in verschiedenen Aufsätzen niederschlugen,
darunter einem über das viel diskutierte Thema „Dürers Stellung in der reformato-
rischen Bewegung“.Von Nürnberg ausgehend, folgten Studien über die reichsstäd-
tische Reformation generell. Diese Thematik hat ihn immer wieder in speziellen
Aufsätzen (unter anderem über Augsburg) und allgemeinen Beiträgen (zuletzt 2002
im Handbuch der Geschichte der evangelischen Kirche in Bayern) beschäftigt.
Die Habilitationsschrift galt „Müntzers Erbe. Werk, Leben und Theologie des
Hans Hut“. Sie blieb lange ungedruckt, da ihr noch ein ausführlicher Quellenanhang
beigegeben werden sollte (zu dem es jedoch nicht kam, daher erst 2002 unverändert
mit einem aktualisierenden Nachwort erschienen), wurde aber im Typoskript von
vielen Forschern benutzt. Die Arbeit war die erste eingehende Untersuchung, die
dem Täuferführer Hut (gestorben 1527) gewidmet wurde. Für Seebaß waren die
Grundkonstanten der Theologie Huts von Müntzer geprägt — ein Ergebnis, das in
der Täuferforschung der folgenden Jahrzehnte nicht durchweg auf Zustimmung
stieß, zu dem er jedoch in sorgfältiger Analyse aller verfügbaren Quellenzeugnisse
gelangt war. In der deutschsprachigen Täuferforschung gehörte er fortan zu den
maßgeblichen Autoritäten.
Von Hut und dem frühen Täufertum ausgehend, erschloss sich Herr Seebaß
mit zahlreichen Publikationen das Forschungsfeld des sogenannten linken Flügels
der Reformation - zu nennen sind hier insbesondere die Aufsätze über „Bauern-
krieg und Täufertum in Franken“ und „Bauernkrieg und radikale Reformation“.
In denselben Themenkreis gehört der wichtige Beitrag zur Müntzer-Forschung über
„Reich Gottes und Apokalyptik bei Thomas Müntzer“. Für die 36-bändige Theolo-
gische Realenzyklopädie, deren Mitherausgeber Herr Seebaß seit Band 4 (1979) war,
verfasste er die biographischen Artikel über Hut, Müntzer und Osiander sowie die
Sachartikel über Antichrist, Apokalyptik und Reformation.
Herr Seebaß hat sich in verschiedenen Arbeiten auch mit Luther („Ein Luther
ohne Goldgrund“), Brenz und Bucer beschäftigt. Für Bucer gab er „mit Unterstüt-
zung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften“ 2005 die monumentale
Bibliographie heraus. Seit seiner Edition der Brandenburgisch-Nürnbergischen Kir-
chenordnung von 1533 in der Osiander-Ausgabe blieb das Interesse von Herrn See-
baß den Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts zugewandt. Seine beiden letzten
Publikationen geben Vorträge wieder, die er anlässlich der Präsentation von zwei
Bänden, die die von ihm geleitete Forschungsstelle vorgelegt hatte, in Stuttgart
(2005) und in Zweibrücken (2007) gehalten hat. In mehreren Untersuchungen ging