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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES
gliedsstaaten allein genügt nicht. Vielmehr muss nach unseren Ergebnissen auch
eine materielle Rechtfertigung für diese Hoheitsübertragung gegeben sein. Diese
materielle Rechtfertigung ist nicht in einem rechtsstaatlichen oder demokratischen
Prinzip zu finden. Rechtsstaat und Demokratie erklären nicht, warum ein Hoheits-
träger bestimmte Befugnisse haben soll, sondern nur wie diese hoheitlichen Befug-
nisse ausgeübt werden sollen. Der materielle Rechtfertigungsgrund für die Über-
tragung von Hoheitsrechten liegt vielmehr darin begründet, dass die Mitgliedstaa-
ten bestimmte Aufgaben zu einer gemeinsamen europäischen Sache machen. Diese
gemeinsame europäische Sache ist nun nicht vorgegeben, sondern ergibt sich aus
der gemeinsamen Überzeugung der Mitgliedstaaten, dass bestimmte Aufgaben
durch die Union besser, das heißt im Sinne eines gemeinsamen Nutzen aller, erle-
digt werden können.
Die Legitimation der EU als solcher legitimiert nicht die Ordnung der
europäischen Institutionen. Da es kein Staatsvolk gibt, welches üblicherweise den
Nationalstaat bildet, kann eine demokratische Legitimation im herkömmlichen
Sinne in Europa nicht existieren. Bezugspunkt der demokratischen Legitimation
können allein die die Mitgliedstaaten tragenden Staatsvölker sein. Demokratie in der
EU kann also nicht als Organisationsform der Volkssouveränität, sondern nur der
Völkersouveränität verstanden werden. Der europäische Demos ist somit nicht als
Einheit zu sehen, sondern hat ein Surrogat in Form der Staatsvölker der Mitglied-
staaten. Demokratie setzt dabei voraus, dass die Staatsvölker auf europäischer Ebene
als Träger der Legitimation hinreichend repräsentiert sind. Diese Repräsentation der
Staatsvölker auf europäischer Ebene besitzt zwei Komponenten. Zum einen setzen
sich die Staatsvölker aus den einzelnen Individuen zusammen, die einen Anspruch
auf Gleichheit gegenüber allen anderen Individuen in dem jeweiligen Staatsvolk
haben. Dies erfordert eine Repräsentanz des Einzelnen nach den Prinzipien der
Gleichheit. Andererseits haben sich die Bürger Europas nicht als europäisches Volk
oder als politische Nation konstituiert, sondern in Nationalstaaten. Dies bedingt
einen weiteren Gleichheitsanspruch, nämlich die prinzipielle Gleichheit der in den
einzelnen Staaten organisierten Staatsvölker unabhängig von ihrer zahlenmäßigen
Größe. Da sich beide repräsentativen Gleichheitsansprüche widersprechen, können
sie nicht in ein und demselben Organ verwirklicht werden, sondern in verschiede-
nen gleichberechtigt an Gesetzgebungsprozessen der Gemeinschaft zu beteiligenden
Organen.
Diese Organe müssen mit Initiativrecht ausgestattet sein. Auf diese Art und
Weise können die durch die Staatsbürger direkt oder mittelbar legitimierten Vertre-
ter auf europäischer Ebene die im nationalen demokratischen Diskurs formulierten
Ideen in den gemeinsamen Prozess auf europäischer Ebene einbringen. Für diese
Vorstellungen, ihr Scheitern oder ihr Gelingen kann dann ein demokratischer Ver-
antwortungszusammenhang hergestellt werden, der bei dem bisherigen Initiativmo-
nopol der Kommission allenfalls verdeckt besteht. Denn es ist ein Unterschied, ob
die Kommission informell über die mitgliedsstaatlichen Regierungen Ideen auf-
nimmt oder ob diese in einem offenen Prozess mit klar benannten Verantwortlichen
diskutiert werden können.
FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES
gliedsstaaten allein genügt nicht. Vielmehr muss nach unseren Ergebnissen auch
eine materielle Rechtfertigung für diese Hoheitsübertragung gegeben sein. Diese
materielle Rechtfertigung ist nicht in einem rechtsstaatlichen oder demokratischen
Prinzip zu finden. Rechtsstaat und Demokratie erklären nicht, warum ein Hoheits-
träger bestimmte Befugnisse haben soll, sondern nur wie diese hoheitlichen Befug-
nisse ausgeübt werden sollen. Der materielle Rechtfertigungsgrund für die Über-
tragung von Hoheitsrechten liegt vielmehr darin begründet, dass die Mitgliedstaa-
ten bestimmte Aufgaben zu einer gemeinsamen europäischen Sache machen. Diese
gemeinsame europäische Sache ist nun nicht vorgegeben, sondern ergibt sich aus
der gemeinsamen Überzeugung der Mitgliedstaaten, dass bestimmte Aufgaben
durch die Union besser, das heißt im Sinne eines gemeinsamen Nutzen aller, erle-
digt werden können.
Die Legitimation der EU als solcher legitimiert nicht die Ordnung der
europäischen Institutionen. Da es kein Staatsvolk gibt, welches üblicherweise den
Nationalstaat bildet, kann eine demokratische Legitimation im herkömmlichen
Sinne in Europa nicht existieren. Bezugspunkt der demokratischen Legitimation
können allein die die Mitgliedstaaten tragenden Staatsvölker sein. Demokratie in der
EU kann also nicht als Organisationsform der Volkssouveränität, sondern nur der
Völkersouveränität verstanden werden. Der europäische Demos ist somit nicht als
Einheit zu sehen, sondern hat ein Surrogat in Form der Staatsvölker der Mitglied-
staaten. Demokratie setzt dabei voraus, dass die Staatsvölker auf europäischer Ebene
als Träger der Legitimation hinreichend repräsentiert sind. Diese Repräsentation der
Staatsvölker auf europäischer Ebene besitzt zwei Komponenten. Zum einen setzen
sich die Staatsvölker aus den einzelnen Individuen zusammen, die einen Anspruch
auf Gleichheit gegenüber allen anderen Individuen in dem jeweiligen Staatsvolk
haben. Dies erfordert eine Repräsentanz des Einzelnen nach den Prinzipien der
Gleichheit. Andererseits haben sich die Bürger Europas nicht als europäisches Volk
oder als politische Nation konstituiert, sondern in Nationalstaaten. Dies bedingt
einen weiteren Gleichheitsanspruch, nämlich die prinzipielle Gleichheit der in den
einzelnen Staaten organisierten Staatsvölker unabhängig von ihrer zahlenmäßigen
Größe. Da sich beide repräsentativen Gleichheitsansprüche widersprechen, können
sie nicht in ein und demselben Organ verwirklicht werden, sondern in verschiede-
nen gleichberechtigt an Gesetzgebungsprozessen der Gemeinschaft zu beteiligenden
Organen.
Diese Organe müssen mit Initiativrecht ausgestattet sein. Auf diese Art und
Weise können die durch die Staatsbürger direkt oder mittelbar legitimierten Vertre-
ter auf europäischer Ebene die im nationalen demokratischen Diskurs formulierten
Ideen in den gemeinsamen Prozess auf europäischer Ebene einbringen. Für diese
Vorstellungen, ihr Scheitern oder ihr Gelingen kann dann ein demokratischer Ver-
antwortungszusammenhang hergestellt werden, der bei dem bisherigen Initiativmo-
nopol der Kommission allenfalls verdeckt besteht. Denn es ist ein Unterschied, ob
die Kommission informell über die mitgliedsstaatlichen Regierungen Ideen auf-
nimmt oder ob diese in einem offenen Prozess mit klar benannten Verantwortlichen
diskutiert werden können.