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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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2. Forschungsschwerpunkt "Kulturelle Grundlagen der Europäischen Einigung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.67591#0256
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Das WIN-Kolleg

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Da eine demokratische Legitimation der EG schwer herzustellen ist, wurde der
Frage nachgegangen, unter welchen Bedingungen auch Institutionen ohne demo-
kratische Legitimation, d.h. ohne eine demokratische Kontrolle, anerkannt werden.
Als Beispiel wurde die europäische Zentralbank untersucht. Dabei wurde festgestellt,
dass Institutionen ohne demokratische Legitimation nur in Frage kommen, wenn sie
Aufgaben wahrnehmen, die ihrem Wesen nach als einer demokratischen Gestaltung
unzugänglich eingeschätzt werden. Die Zentralbank stellt Geld für die gesamte
Gesellschaft bereit, welches seine Funktionen als Zahlungsmittel, Wertmaßstab und
Wertaufbewahrungsmittel erfüllen soll. Mit ihrer Geldpolitik nimmt sie Einfluss auf
die Stabilität des Geldwerts, also auf eine wesentliche Grundlage für das wirtschaft-
liche Handeln und die Lebensplanung der Einzelnen. Inflation, d.h. der Anstieg des
allgemeinen Preisniveaus bzw. der Rückgang des Geldwertes, entfaltet Verteilungs-
wirkungen. Sie betreffen nicht nur das Verhältnis der Staatsbürger als Gläubiger und
Schuldner untereinander, sondern auch das Verhältnis des Staates als Schuldner zu
den Staatsbürgern als Gläubigern. Schon das Bundesbankgesetz wurde damit
begründet, dass die Kontrolle über die Geldpolitik für jede Regierung eine starke
Versuchung bedeutet, diese Geldpolitik an ihren eigenen Macht- und Finanzbedürf-
nissen auszurichten, um dadurch die Last der Verschuldung und die Notwendigkeit,
zur Erfüllung ihrer Aufgaben Ressourcen aus der Bevölkerung zu mobilisieren, zu
mindern. Gerade die in die Hand der demokratisch gewählten Regierung gelegte
Geldpolitik verschafft dieser Regierung mithin ein Mittel, die Tragweite und Aus-
wirkungen ihrer politischen Entscheidungen zu verschleiern, d.h. der demokrati-
schen Überprüfung zu entziehen. Dies bedeutet, dass eine Unabhängigkeit der Insti-
tutionen nur in Frage kommt, wenn eine demokratische Kontrolle der Aufgabe einer
sinnvollen Aufgabenerledigung per se entgegensteht. Dies ist bei der Kommission
nicht der Fall.
Aus dem Prinzip der Völkersouveränität wurde nun versucht, die Völkersolida-
rität in der EU zu bestimmen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass die EU ihren
legitimierenden Zweck in dem gemeinsamen Nutzen hat, ist der Bestand der EU als
Herrschaftsverband nur legitimiert, wenn die Gemeinschaft ihren wirtschaftlichen
und sozialen Zusammenhalt bewahrt. Das Konzept „europäischer Völkersolidarität“
bedeutet das europapolitische Austarieren von Wettbewerbs- und Koordinationsmo-
menten als Variante einer klassischen praktisch-philosophischen Problematik. Es ist
ein Beispielsfall der Frage nach rational zustimmbaren Bedingungen legitimer Ein-
schränkbarkeit ursprünglich gegebener Freiheitssphären. Letztere sind hier durch die
Prinzipien Markt und Wettbewerb verkörpert, denen als legitimationsbedürftiges
Moment das freiheitsbeschränkende Prinzip Koordination gegenübertritt. Stets
betrifft die Rede von Solidarität im Kern die Logik der Motivation wechselseitiger
Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft individueller Personen und Institutionen vor
dem Hintergrund eines ethisch anspruchsvollen Begriffs von Sozialität.
Der sozialmoralische Solidaritätsdiskurs buchstabiert Grundeinsichten aus, die
seit altgriechischer und alttestamentarischer Zeit zur Axiomatik der Sozial- und Poli-
tischen Philosophie gehören: dass nämlich die Einzelnen — streng als bloß Einzelne
genommen — praktisch autarkieunfähig sind und somit in ihrer Bedürfnisnatur von
 
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