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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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3. Forschungsschwerpunkt "Der menschliche Lebenszyklus - Biologische, gesellschaftliche, kulturelle Aspekte"
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https://doi.org/10.11588/diglit.67591#0289
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302 I FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES
Reduktion von Plaques durch aktive Impfung waren im Tiermodell erfolgreich.
Erste therapeutische Versuche bei AD-Patienten durch aktive Immunisierung mus-
sten jedoch aufgrund erheblicher toxischer Nebeneffekte wie zellulären meningo-
enzephalitischen Entzündungsreaktionen abgebrochen werden. Inzwischen sind
jedoch Ansätze zur passiven Immunisierung weltweit in Phase-3-Studien. Bezüglich
neuer immunologischer Ansätze sind auch die vielversprechenden Ergebnisse aus
den aktuellen Phase-2-Studien mit intravenösen Immunglobulinen (IvIG) von größ-
tem Interesse, insbesondere da hier die Wirksamkeit der kürzlich entdeckten Aß-
Autoantikörper eine zentrale Rolle spielen könnte. Die Aufklärung ihrer Epitop-
Spezifität liefert erstmals eine Grundlage für eine AD-Frühdiagnostik im Serum und
Liquor (Patent PCT/IB2008/000456, Universitäten Konstanz und Marburg). Aß-
Autoantikörper könnten eine endogene Variable bezüglich des Ausbruchs der AD
darstellen. Bezüglich möglicher Veränderungen durch äußere Einflüsse, z.B. Training,
ist bislang nichts bekannt.
Neuroplastizitätsbasiertes kognitiv-sensorisches Training bei gesunden älteren Personen
Der Begriff Neuroplastizität kennzeichnet die lebenslange Fähigkeit des mensch-
lichen Gehirns zu struktureller und funktioneller Veränderung aufgrund von Lernen
und Erfahrung. Neuroplastizität führt zu positiven oder negativen Veränderungen im
Gehirn, d.h. abhängig von den äußeren Umständen kann sich die Hirnfunktion
durch Plastizitätsprozesse verbessern oder, wie im Falle pathologischer Alterungspro-
zesse, auch verschlechtern. Für die negative Neuroplastizität und dem damit verbun-
denen Funktionsabbau bei älteren Menschen werden mehrere Faktoren, wie ver-
minderte Nutzung der geistigen Fähigkeiten („brain disuse“), verschlechtertes Sig-
nal-Rausch-Verhältnis, geschwächte neuromodulatorische Kontrolle und negatives
Lernen verantwortlich gemacht. Diese Hauptfaktoren interagieren und erzeugen
auch im Verlauf des nicht-pathologischen Alterns eine sich selbst verstärkende
Abwärtsspirale von verringerten kognitiven Fähigkeiten. Diese neue Sichtweise des
„normalen“ Alterungsprozesses impliziert aber auch, dass der kognitive Abbau nicht
unvermeidbar und irreversibel ist, sondern durch Verhaltenstraining auf der Grund-
lage der positiven Neuroplastizität verzögert oder eventuell sogar rückgängig gemacht
werden kann.
Ein neuroplastizitätsbasiertes Training in der auditorischen Modalität wurde
bereits in den USA bei gesunden älteren Menschen mit Erfolg durchgeführt. In einer
Studie konnte nicht nur die erwartete Verbesserung trainierter Funktionen, sondern
auch ein Transfer auf nicht-trainierte kognitive Funktionen erreicht werden. Dieser
Generalisierungseffekt blieb auch im 3-Monats-Follow-up stabil. Es ist zu erwarten,
dass ein solches Training auch bei bereits bestehenden Beeinträchtigungen in einem
späteren Stadium des Alterungsprozesses sowie bei pathologischen Alterungsprozes-
sen wie zum Beispiel MCI oder AD wirksam sein kann. Entsprechende trainingsin-
duzierte, neuroplastizitätsbasierte Veränderungen im Gehirn können dann auf funk-
tioneller Ebene z. B. mittels EEG und MEG und auf struktureller Ebene mittels
MRT untersucht werden.
 
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