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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

Tumorzellinvasion, Invadopodien und extrazelluläre Matrixdegradation
Unter der Migration und Invasion von Zellen versteht man die aktive Fortbewegung
einzelner Zellen oder Zellverbände in einem Organismus. Zellmigration ist daher
essentiell für physiologische Prozesse wie Wundheilung oder Reaktion des Immun-
systems auf fremde Substanzen. Eine Dysregulation dieses Prozesses ist aber auch an
der Entstehung vieler Krankheiten wie z.B. Tumorzellinvasion und Metastasierung
beteiligt. Die metastatische Kaskade beginnt mit dem Ausbruch von Tumorzellen aus
dem Primärtumorgewebe durch Verlust der Zell-Zell-Adhäsion, der Invasion der
ECM durch einen kontrollierten lokalen Abbau (Proteolyse) und dem Eintritt der
Tumorzellen ins Blut- und Lymphsystem (Intravasation). Eine elegante Methode, das
Verhalten von Tumorzellen in vivo zu studieren, ist die intravitale Videomikroskopie,
bei der GFP-markierte Tumorzellen in Mäuse injiziert werden und deren Verbleib
auf Einzelzellniveau durch Aufnahme der GFP-Fluoreszenz verfolgt werden kann. In
vitro wird der Abbau der ECM durch Tumorzellen im Zellkulturmodell untersucht:
Werden invasive Tumorzellen auf einem ECM-Substrat wie z. B. Gelatine, Collagen
oder Fibronektin kultiviert, bilden sie adhäsive Strukturen, sogenannte Invadopodien
aus. Diese stellen den Kontakt zum Substrat her, sekretieren aber auch aktive Pro-
teasen und fuhren damit zu einem lokalen Abbau der ECM. Die Aufklärung der
Signalwege und molekularen Mechanismen, die die Bildung und Reifung von Inva-
dopodien steuern, stehen seit einigen Jahren im Fokus der Forschung. Eine Vielzahl
von löslichen und sekretierten sowie Membranproteinen sind an der Bildung und
Funktion von Invadopodien durch die Regulation zellulärer Prozesse wie z. B. Zell-
adhäsion, Signaltransduktion, Aktin-Polymerisation und ECM-Degradation betei-
ligt. Eine entscheidende Rolle in der Bildung von Invadopodien spielt die Aktin-
Polymerisation, die über Oberflächenrezeptoren wie Integrine und Wachstumsfak-
toren gesteuert wird. Beispielsweise initiiert der Wachstumsfaktor EGF eine Signal-
kaskade, die über Cdc42 zur Aktivierung von N-WASP und dem Arp2/3 Komplex
führt und damit die Remodelierung des Aktin-Zytoskeletts steuert. Dies ist für die
Bildung von reifen, funktionsfähigen Invadopodien essentiell. Eine wesentliche
Rolle spielt auch Cortactin, das nicht nur an der Bündelung von Aktinfilamenten,
sondern auch an der Sekretion von Proteasen beteiligt ist. Des Weiteren ist die loka-
le Aktivierung des Aktin-Depolymerisationsfaktor Cofilin für die Bildung stabiler
Invadopodien notwendig und verknüpft damit Cofilin-Funktion direkt mit Tumor-
zellinvasion.
Die Existenz und Bedeutung von Invadopodien in vivo ist noch unklar. Es gibt
jedoch zunehmend Hinweise, dass die Bildung von Invadopodien an Invasion, Intra-
vasation und Metastasierung beteiligt ist. Mittels intravitaler Fluoreszenzmikroskopie
konnte gezeigt werden, dass metastatische Tumorzellen Invadopodien-ähnliche Struk-
turen für Migration und Invasion in das Tumorstroma und die Blutgefäße nutzen.
Darüber hinaus konnte durch eine umfassende Analyse verschiedener Brustkrebszel-
linien eine Korrelation zwischen dem invasiven Potential dieser Zellen in vitro und
ihrer Fähigkeit, Invadopodien zu bilden, nachgewiesen werden. Die Identifizierung
der Signalwege und molekularen Mechanismen, die zur Bildung von Invadopodien
 
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