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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2009 — 2010

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I. Das Geschäftsjahr 2009
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Koch, Anton Friedrich: Die Macht der Antinomie und die normativen Grundlagen der Polis
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23. Oktober 2009

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wählbaren in Familie und Polis als auch der optionalen in freien Assoziationen, und
ipso facto die entscheidende Bedingung der Möglichkeit für die Ausbildung des
Begriffes der Objektivität und damit von — stets objektbezogener — Begrifflichkeit
überhaupt, also von Sprache.
Das führt uns nun zu der anderen Pointe der oben erwähnten Aristotelischen
Definition des Menschen als des zöon politikon, die den Sachverhalt, daß Aristoteles
den Menschen zweifach definiert, als das Polis-Lebewesen und als das Lebewesen, das
den Logos hat, und den Zusammenhang beider Definitionen betrifft. Nur ein sich
in kommunikativem Handeln vergesellschaftendes Lebewesen nämlich kann — und
zwar im selben Zuge - in den Bereich des Logos, der Sprache und somit der kate-
gorialen und normativen Aspekte des Realen vordringen. Nur einem Wesen, das in
kommunikativem Handeln unhintergehbare Perspektivität und Alterität anerkennt
und damit Objektivität als solche erkennt, hat sich (ipso facto) der Zugang zur Spra-
che eröffnet, in deren Licht sich dann diejenigen — die kategorialen — Aspekte des
Realen zeigen, die ohne das Aufdeckungsmittel der Rede so unsichtbar bleiben wür-
den, wie sich der Sinn einer Inschrift denen nicht erschließt, die sie zwar sehen, aber
nicht lesen können. Im phylogenetischen Spracherwerb haben wir das Reale, das wir
wie andere Spezies schon sahen, hörten usw., sozusagen auch noch lesen gelernt, hat
sich unserer Spezies ein zuvor verschlossener Realitätsbereich — der unsichtbare
Bereich kategorialer Bestimmungen und objektiver Normen - aufgetan, in dem wir
Nachgeborene so mühelos leben und weben wie die Fische imWasser und dieVögel
in der Luft. Dieser evolutionäre Aufstieg, nicht vom Wasser in die Luft, sondern vom
Sichtbaren ins Unsichtbare, muß mit Habermas als ein Übergang von rein instru-
mentellem zu auch kommunikativem Handeln gefaßt werden. Die Protagonisten der
Analytischen Philosophie des Geistes wissen inzwischen so gut wie nichts mehr dar-
über; uns Alteuropäern aber hat in diesem Punkte Habermas nachhaltige Belehrung
zuwachsen lassen, von der eine Theorie der normativen Grundlagen der Polis, die
der Antinomie- und der Subjektivitätsthese Rechnung tragen wollte, in vielfacher
Weise zu zehren hätte.

Literatur:
Davidson, Donald, „Mentale Ereignisse“, in: ders., Handlung und Ereignis, Frankfurt
a.M. 1985,291-317.
Habermas, Jürgen und Joseph Ratzinger, Dialektik der Säkularisierung. Über Ver-
nunft und Religion. Mit einem Vorwort herausgegeben von Florian Schuller, Frei-
burg, Basel, Wien 2005.
Habermas, Jürgen, Glauben und Wissen. Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
2001. Laudatio: Jan Philipp Reemtsma, Frankfurt am Main 2001.
Quine,WillardVan Orman, „Ontologische Relativität“, in: ders., Ontologische Rela-
tivität und andere Schriften, Stuttgart 1975, 41—96.
 
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