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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2009 — 2010

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IV. Veranstaltungen im Jubiläumsjahr
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Wolgast, Eike: Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften - Gründung und Auftrag
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https://doi.org/10.11588/diglit.66333#0330
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VERANSTALTUNGEN

Forschung aufzuhelfen und einen Fonds einzurichten, aus dem junge Wissenschaftler
zwischen Promotion und erster Anstellung unterstützt werden könnten, „der pro-
duktivsten Zeit, in der der Drang wissenschaftlicher Beschäftigung am stärksten ist
und die Möglichkeit am schwächsten“. Konkret war an Stipendien und Druckko-
stenzuschüsse gedacht. Außer Lanz sollten auch „andere reiche Leute“ für diese Auf-
gabe gewonnen werden.
Der Heidelberger Jurist Friedrich Endemann, dem Gothein von seinem Plan
erzählte, nahm sich der Sache an, wandelte Gotheins Absichten aber ins Große — in
den Worten Gotheins: „Mit seiner immer etwas komisch wirkenden Unverfrorenheit
rückt er Lanz auf die Bude ... und bringt richtig, wie es scheint beim ersten Anlauf,
die Million heim.“ Karl Lanz stiftete 1 Million Mk. und 50.000 Mk. Schenkungs-
steuer — die neue Institution erhielt den Namen „Heidelberger Akademie der Wis-
senschaften. Stiftung Heinrich Lanz“.
War Endemann der Vermittler, so übernahmen die personelle und damit
zugleich die inhaltliche Ausgestaltung die beiden Heidelberger Professoren
Koenigsberger und Windelband — Leo Koenigsberger war Mathematiker, Wilhelm
Windelband Philosoph und 1909 (Pro-)Rektor der Universität. Karl Lanz, dem die
Naturwissenschaftlich-mathematische Fakultät den Ehrendoktor verlieh, begnügte
sich offenbar mit der Hergabe des Stiftungskapitals und vollzog im übrigen ledig-
lich nach, was die Heidelberger Gelehrten ihm vorschlugen. Zurückhaltend agier-
te - wie 1886/87 — das Karlsruher Ministerium. Es erhob Einwendungen gegen
den Begriff „Akademie“, der im Vergleich mit Berlin und München überdimensio-
niert erschien, und bevorzugte die Bezeichnung „Oberrheinische Gesellschaft der
Wissenschaften“ - auch Göttingen und Leipzig nannten sich damals „Gesellschaft“,
nicht „Akademie“. Das Ministerium bestand zudem auf der Einbeziehung von
Freiburg und Karlsruhe, weil es fürchtete, dass das gelehrte Potential von Heidel-
berg allein nicht ausreichte, um die neue Gründung vor wissenschaftlicher Mittel-
mäßigkeit zu bewahren. Es verlangte auch, dass Lanz seinen Finanzierungsplan
änderte und die geschenkte Summe nicht, wie er beabsichtigte, in zehn Jahresraten
überwies; Karlsruhe machte die Anerkennung der Akademie davon abhängig,
dass der „größere Teil“ des Stiftungsvermögens vorhanden sei — was dann auch
geschah.
Die von Karl Lanz am 22. Mai 1909 unterschriebene Stiftungsurkunde traf
zwei wichtige Strukturentscheidungen und formulierte damit, wenn man so will,
den „Auftrag“ der Akademie:
1) Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften ist „der Universität Hei-
delberg angegliedert“.
2) „Die innere Ausgestaltung“ erfolgt nach dem Vorbild der bestehenden
deutschen Akademien.
Zu 1): Die Angliederung an die Universität Heidelberg bestand den Statuten
zufolge darin, dass ordentliches Mitglied der Akademie nur sein konnte, „wer seinen
Wohnsitz in Heidelberg hat“. Das hieß konkret: Nur Professoren der Heidelberger
Universität kamen für eine ordentliche Mitgliedschaft in Frage. Der vom Ministe-
rium geforderten Ausdehnung auf das ganze Land wurde durch die Gruppe der
 
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