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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2009 — 2010

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IV. Veranstaltungen im Jubiläumsjahr
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Drös, Harald: Bauen, Umbauen, Renovieren: zur Geschichte des Akademiegebäudes Karlstraße 4
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https://doi.org/10.11588/diglit.66333#0358
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374 | VERANSTALTUNGEN

Der Wiederaufbau Heidelbergs kam zunächst nur sehr schleppend in Gang.
Das öde Gelände des Franziskanerklosters, das nach der Reformation in eine Latei-
nische Stadtschule umgewandelt worden war, wurde von dem katholischen Kurfür-
sten Johann Wilhelm jetzt dem Franziskanerorden zurückgegeben, und das Kloster
wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts allmählich wieder aufgebaut. Wie unsere vier
Gebäude 1693 ausgesehen haben könnten, habe ich in einer nicht ganz ernst
gemeinten Rekonstruktionszeichnung (Abb. 1b) darzustellen versucht.
Es läßt sich archivalisch belegen, daß in den Jahren 1713 und 1714 Karl
Philipp Freiherr von Hundheim (Abb. 2/7), Geheimer Regierungsrat und Kameral-
oberamtmann, alle vier aneinandergrenzenden Grundstücke samt den zerstörten
Gebäuden nach und nach erwarb, ganz offensichtlich von Beginn an mit dem Ziel,
hier ein großzügig dimensioniertes Stadtpalais in unmittelbarer Nähe zum Schloß zu
errichten. Die Hundheim ließen um 1700 im übrigen auch das im Erbfolgekrieg
zerstörte Schloß Ilvesheim in barocken Formen wiederaufbauen7.
Als Architekten für das Heidelberger Stadtpalais gewann Hundheim, wie die
Bauforschungen ergeben haben, Louis Remy de La Fosse (um 1666-1726), der von
1706 bis 1714 als Hofarchitekt in Hannover und dann ab 1715 als Oberbaumeister
des Landgrafen von Hessen-Darmstadt tätig war. Die wichtigsten Bauten von La
Fosse sind das Darmstädter Schloß, das Ständehaus in Hannover und das Hohenlohe-
Schloß in Schillingsfürst. Zudem stammt ein Projekt für den Mannheimer Schloß-
bau von seiner Hand, das allerdings nicht zur Ausführung kam. Im Übrigen erbaute
er in seiner Hannoveraner Zeit unter anderem auch das — nicht erhaltene — Lusthaus
Fantaisie in Herrenhausen für die Baronin Sophia Charlotte von Kielmansegg8.
Das von ihm großzügig entworfene Hundheim-Palais befand sich 1717 noch
im Rohbau, als der Bauherr, seinem Dienstherrn Johann Wilhelm folgend, von Hei-
delberg nach Düsseldorf versetzt wurde. Hundheim verkaufte 1718 für 5000 RTlr.
an den Oberamtmann von Ladenburg Amandus Ernst von der Sachs, einen thürin-
gischen Adeligen, der mit Franziska Freiin von Landsee verheiratet war. Das an der
Stuckdecke des Festsaals angebrachte Eheallianzwappen dieses Paares (Abb. 2/8) zeigt
an, daß die Innenausstattung des Palais erst unter von der Sachs vollendet wurde.
Auch die Fertigstellung der Hofgebäude fällt erst in diese Zeit.
Der Bautyp ist ein in die Straßenfront eingebundenes traufständiges Haus mit
zentraler Durchfahrt zum Hof, dieser mit seitlichen Wirtschaftsgebäuden, Sattelkam-
mer und Stallungen, und mit anschließendem, bis zum Burgberg hochreichenden
Terrassengarten. Im Erdgeschoß befanden sich ursprünglich vermutlich Wirtschafts-
räume. Die Beletage ist in ihrer Raumaufteilung weitgehend unverändert erhalten
mit dem zentralen Festsaal, der zum Paradeappartement gehört, welches die gesam-
te Westhälfte des Stockwerks einnimmt und dessen Haupträume zum Hof hin aus-

7 Vgl. Die Kunstdenkmäler des Landkreises Mannheim. Ohne Stadt Schwetzingen, bearb. von
Hans Huth (Die Kunstdenkmäler Badens X.3), München 1967, S. 127—133.
8 Vgl. Horst Kruse, Das Ständehaus 1710—1881 und der Architekt Remy de la Fosse, in: Hanno-
versche Geschichtsblätter N. F. 51 (1997) S. 195—284.
 
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