3. Die Veränderungen durch die correctio | 113
3.1.3. Der Konflikt mit Cluny
Simon von Saint-Bertin stellt in seinen Gesta abbatum ausführlich dar, wie der
Konflikt zwischen seiner Gemeinschaft und der Abtei von Cluny zustande kam.
Der neue Abt von Cluny, Pontius von Melgueil, habe nämlich, nachdem er zuvor
alle großen cluniazensischen Abteien Spaniens, Burgunds und Franziens besucht
hatte, 1111 auch eine Reise nach Flandern geplant. Noch vor dem Advent dessel-
ben Jahres sei er nach Abbeville gekommen, von wo er verlauten ließ, dass er das
Osterfest in Saint-Bertin feiern wolle.483 Diese Nachricht sei von einigen Mönchen
aber so ausgelegt worden, dass Pontius nach Sithiu komme, um dort wie in seinem
Eigentum Hof zu halten. Simon fügt noch hinzu, dass die Cluniazenser, die damals
in Sithiu lebten und, wie er meint, über einige bestimmten, untereinander leicht-
fertig und erfreut sagten, dass Lambert dem Abt von Cluny Ehrerbietung schulde
und in dessen Gegenwart von seiner Macht entbunden sei. Zudem könne Pontius
ab- und einsetzen, wen er wolle, und auf dem Sitz des Abtes Platz nehmen, wie der
Abt der Äbte. Dies hätten Lambert und die bertinianischen Mönche mit Entsetzen
vernommen.484
Um diesen Besuch und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten zu ver-
meiden, suchte Lambert im Geheimen den gräflichen Hof auf, um über die Bitte
des Pontius zu beraten. Clementia ließ dem Abt von Cluny daraufhin mitteilen,
dass der Zeitpunkt nicht günstig sei, Saint-Bertin zu besuchen, man ihn aber in
allen anderen flandrischen Klöstern mit der ganzen ihm zustehenden Ehrerbietung
empfangen werde.485
Pontius erhielt diese Nachricht und sei sich im Klaren gewesen, dass dies auf
Anraten der Mönche von Sithiu geschehen sein musste. Er habe Lambert daher
zu sich zitiert und ihn davon abgebracht, die Freiheit Saint-Bertins zu verteidigen.
Während die offensichtlichen Drohungen des Abtes von Cluny auf Lambert Wir-
kung zeigten, ließen sich die meisten Mönche von Sithiu davon nicht beeindrucken
483 Simon, Gesta, II, c. 89, S. 653: »[...] post paucos annos ordinationis suae peragratis superioribus monas-
teriis Hispaniae, Burgundiae, Franciae, Abbatis-villam tandem devenit, cum iam ante adventum Domini
Lamberto abbati mandaverit, se in Sithiu celebraturum pascha Domini.«
484 Simon, Gesta, II, c. 89, S. 653: »Quod quidam aliter retorquentes, dixerunt, hunc dixisse se curiam
suam veile celebrare in aecclesia Sancti Bertini quasi in propria. Cluniacenses nobiscum conversantes
caeterisque principantes, levitate animi, eius adventu exhilarati, referebantur intet se dixisse, quod abbas
Lambertus in presentia Cluniacensis debita reverentia et potestate privaretur, Cluniacensis deponeret
quos vellet substitueretque et in cardinali abbatis sede staret ut abbas abbatum. Quod nostrates cum
patte L[amberto] audientes, concidit vultus eorum.«
485 Simon, Gesta, II, c. 90, S. 653: »Et ne adventum Cluniacensium nobis et illis magnum generaret excidi-
um, abbas Lambertus latenter egit, ut comitissa Clementia [...] abbati Cluniacensi mandaret, non ei esse
tune oportunum ad aecclesiam Sancti Bertini venire, sed, si vellet, ad aecclesias caeteras Flandriae cum
omni honorificentia suscipiendus veniret.«
3.1.3. Der Konflikt mit Cluny
Simon von Saint-Bertin stellt in seinen Gesta abbatum ausführlich dar, wie der
Konflikt zwischen seiner Gemeinschaft und der Abtei von Cluny zustande kam.
Der neue Abt von Cluny, Pontius von Melgueil, habe nämlich, nachdem er zuvor
alle großen cluniazensischen Abteien Spaniens, Burgunds und Franziens besucht
hatte, 1111 auch eine Reise nach Flandern geplant. Noch vor dem Advent dessel-
ben Jahres sei er nach Abbeville gekommen, von wo er verlauten ließ, dass er das
Osterfest in Saint-Bertin feiern wolle.483 Diese Nachricht sei von einigen Mönchen
aber so ausgelegt worden, dass Pontius nach Sithiu komme, um dort wie in seinem
Eigentum Hof zu halten. Simon fügt noch hinzu, dass die Cluniazenser, die damals
in Sithiu lebten und, wie er meint, über einige bestimmten, untereinander leicht-
fertig und erfreut sagten, dass Lambert dem Abt von Cluny Ehrerbietung schulde
und in dessen Gegenwart von seiner Macht entbunden sei. Zudem könne Pontius
ab- und einsetzen, wen er wolle, und auf dem Sitz des Abtes Platz nehmen, wie der
Abt der Äbte. Dies hätten Lambert und die bertinianischen Mönche mit Entsetzen
vernommen.484
Um diesen Besuch und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten zu ver-
meiden, suchte Lambert im Geheimen den gräflichen Hof auf, um über die Bitte
des Pontius zu beraten. Clementia ließ dem Abt von Cluny daraufhin mitteilen,
dass der Zeitpunkt nicht günstig sei, Saint-Bertin zu besuchen, man ihn aber in
allen anderen flandrischen Klöstern mit der ganzen ihm zustehenden Ehrerbietung
empfangen werde.485
Pontius erhielt diese Nachricht und sei sich im Klaren gewesen, dass dies auf
Anraten der Mönche von Sithiu geschehen sein musste. Er habe Lambert daher
zu sich zitiert und ihn davon abgebracht, die Freiheit Saint-Bertins zu verteidigen.
Während die offensichtlichen Drohungen des Abtes von Cluny auf Lambert Wir-
kung zeigten, ließen sich die meisten Mönche von Sithiu davon nicht beeindrucken
483 Simon, Gesta, II, c. 89, S. 653: »[...] post paucos annos ordinationis suae peragratis superioribus monas-
teriis Hispaniae, Burgundiae, Franciae, Abbatis-villam tandem devenit, cum iam ante adventum Domini
Lamberto abbati mandaverit, se in Sithiu celebraturum pascha Domini.«
484 Simon, Gesta, II, c. 89, S. 653: »Quod quidam aliter retorquentes, dixerunt, hunc dixisse se curiam
suam veile celebrare in aecclesia Sancti Bertini quasi in propria. Cluniacenses nobiscum conversantes
caeterisque principantes, levitate animi, eius adventu exhilarati, referebantur intet se dixisse, quod abbas
Lambertus in presentia Cluniacensis debita reverentia et potestate privaretur, Cluniacensis deponeret
quos vellet substitueretque et in cardinali abbatis sede staret ut abbas abbatum. Quod nostrates cum
patte L[amberto] audientes, concidit vultus eorum.«
485 Simon, Gesta, II, c. 90, S. 653: »Et ne adventum Cluniacensium nobis et illis magnum generaret excidi-
um, abbas Lambertus latenter egit, ut comitissa Clementia [...] abbati Cluniacensi mandaret, non ei esse
tune oportunum ad aecclesiam Sancti Bertini venire, sed, si vellet, ad aecclesias caeteras Flandriae cum
omni honorificentia suscipiendus veniret.«