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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0140
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136 | I. Die Abtei von Saint-Bertin

des Matthäus von Albano macht deutlich, dass das strenge Schweigegebot eine für
ihn besonders befremdliche Neuerung darstellte.583 Obwohl Simon in seinen Gesta
kein Wort über strengeres Schweigen verliert, bringt er Leonius an einer Stelle mit
dem zelo Dei et virorum religiosorum Studio ferventi in Verbindung und stellt ihn
als einen besonders geeigneten Mann für die Leitung einer Gemeinschaft dar.584
Es spricht somit vieles dafür, dass das strenge Schweigegebot - und sicherlich
auch die strenge Klausur - im weitesten Sinne mit den 1131 in Reims beschlossenen
Abänderungen des ordo cluniacensis in Verbindung stehen. Inwieweit die damals
gefassten Beschlüsse in Sithiu zur Umsetzung gekommen waren, lässt sich durch
Bernhards vage Formulierungen allerdings nicht ermitteln. Auffallend ist zudem,
dass er nur das strenge Schweigen und die Klausur nicht aber Veränderungen der
Liturgie erwähnt.585 Es handelt sich somit um wichtige disziplinarische Maßnah-
men, die zwar durchaus spirituell verankert waren, aber angesichts der Situation der
Abtei auch einen sehr pragmatischen Ansatz verfolgten.586 Gerade im Zusammen-
hang mit der Wiedererlangung der Freiheit Sithius kamen der strengen Klausur und
dem Schweigen eine besondere Rolle zu. Bedenkt man nämlich, dass die vorheri-
gen Versuche, die Freiheit der Abtei zurückzugewinnen, unter anderem auch daran
scheiterten, dass die in Sithiu lebenden cluniazensischen Professmönche im Innern
für Unruhe sorgten und nach außen in Kontakt mit Cluny standen, wird deutlich,
dass eine streng gehandhabte Klausur wie auch das Schweigen in der Gemeinschaft
derartigen Vorkommnissen entgegenwirken sollten.587 Der Erfolg des Leonius hing
letztlich aber noch von anderen Faktoren ab. Erwähnt sei hier lediglich die Unter-
stützung durch Bernhard.588 Insgesamt pflegte Bernhard ein recht freundschaftli-
ches Verhältnis mit Saint-Bertin, das, wie der transitus eines gewissen Thomas von
confirmandam quoque et in nostro et in aliis quibusdam claustris vel silentii vel ceterorum huiusmodi
religionis exercitiorum observantiam auctoritatis apostolicae et archiepiscopi Remensis non defuere suf-
fragia, ita ut eorundam auctoritate pontificum [...] constitutum sit et initiatum, ut quicunque unius in
observantia et religionis fervore essent consuetudines, annuatim abbates in unum collecti in se ipsis prius
ordinem firmarent, quem postea tenendum traderent subditis.«
583 Siehe dazu oben S. 33.
584 Simon, Gesta, III, c. 2, S. 662: »Sed cum ea tempestate, zelo Dei et virorum religiosorum Studio ferventi,
Gallicanae aecclesiae de dissolutione ad normam converterentur regularis disciplinae, idem episcopus
[Alvisus] iam dudum sendens prefatum Leonium regularis temperie tyrocinii disciplinabiliter morigera-
tum, animadvertit hunc monasteriali regimonio perutilem et idoneum.«
585 Ein Großteil der Beschlüsse von Reims bezieht sich auf eine Vereinfachung der Liturgie und Verringe-
rung der zu singenden Psalmen. Siehe dazu oben S. 30-35.
586 Zum Schweigen u.a. in Cluny vgl. die Arbeiten von S. G. Bruce, Silence and Sign; Ders., The Tongue
is a Fire; Zur spirituellen Bedeutung des Schweigens und seinen Ausprägungen vgl. auch J. Sonntag,
Klosterleben im Spiegel des Zeichenhaften, S. 248-262.
587 Siehe dazu oben S. 125-130.
588 Bernhard richtet sich in einem Brief an Petrus Venerabilis und fordert ihn auf, von Saint-Bertin abzulas-
sen. Bernhard von Clairvaux, Opera, Bd. 7, ep. 149, S. 353.
 
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