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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Editor]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0158
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154 | I. Die Abtei von Saint-Bertin

rung und Optimierung des weltlichen Besitzes war. Ein genaueres Bild dieser Ver-
änderungen liefern die Urkundenbestände des Klosters selbst.669
Die in diesen Texten sichtbar werdende Restitutionspolitik Lamberts dürfte an
erster Stelle einen ganz pragmatischen Grund gehabt haben. Schenkt man Simon
und seinem Zeitgenossen Hermann Glauben, war die Zahl der Mönche in Sithiu
in kürzester Zeit um ein Vielfaches gestiegen.670 Um all diese Mönche ernähren
zu können bedurfte es natürlich mehr Einkünfte, was durch reiche Schenkungen
und die beschrieben Politik sicher nur teilweise abgedeckt werden konnte. Bedenkt
man, dass die Mönche ihren Unterhalt durch Konventualpfründen bestritten, dass
Hermann bemerkt, dass in Sithiu nur zwölf Mönche leben konnten und Simon
ein durchaus privilegiertes monastisches Leben mit Dienern beschreibt, wird eines
deutlich: Die Zahl der Pfründen war stark reduziert, um einen nahezu adligen Le-
bensstil gewährleisten zu können. Aus der ehrwürdigen Gemeinschaft war also im
Lauf der Zeit ein zahlenmäßig stark begrenzter und elitärer Kreis geworden, ein
Kloster mit »stiftischem Gepräge«.671 Die correctio Lamberts wandte sich auch hier-
gegen, indem der Abt die Klosterpforten für jedermann öffnete.672 Allein die große
Zahl von neuen Mönchen macht es daher durchaus wahrscheinlich, dass Lambert
auch auf struktureller Ebene tiefgreifende Veränderungen, wie beispielsweise eine
Neuaufteilung der mensa conventualis, vorgenommen hatte. Leider liefern die
Quellen hierzu keine näheren Hinweise.
Die Studie Robert Berkhofers stellt die These auf, dass der Konflikt mit Cluny
dafür verantwortlich war, dass die Abte in Saint-Bertin keine tiefgreifenden Verän-
derungen in den Besitzstrukturen vornehmen konnten.673 Anhand einiger Klöster
aus dem Norden Lrankreichs, darunter auch Saint-Bertin, versucht er zu zeigen,
wie die Abte ab dem 12. Jahrhundert vermehrt unter Aspekten der Wirtschaftlich-
keit und Effizienz dachten. Während die Mönche noch im 11. Jahrhundert ihren
Besitz als patrimonium verstanden, das um jeden Preis bewahrt werden musste,
hätten die Abte im darauffolgenden Jahrhundert vermehrt darauf geachtet, die Ver-
waltung ihres Besitzes zu verbessern und von ihren Dienstleuten verlangt, Rechen-

669 L. Morelle ist der Spezialist für die Urkunden Saint-Bertins und fordert in Par-delä le vrai et le faux,
dass die Urkundenbestände und vor allem die päpstlichen Privilegien vor dem Hintergrund der cor-
rectio eingehender Untersuchungen bedürfen, was er in dieser Studie bereits an einigen Beispielen zeigen
konnte. Da der Fokus der vorliegenden Arbeit nicht allein auf diesem Aspekt der correctio liegt, kann
eine umfassende und ganzheitliche Beschäftigung mit den Urkunden nicht geleistet werden. Vielmehr
werden sich die vorliegenden Ausführungen auf einzelne Beispiele beschränken.
670 Simon, Gesta, II, c. 68, S. 649; Hermann, Liber, c. 80, S. 134.
671 W. Ogris, Konventualpfründe, S. 471.
672 Simon, Gesta, II, c. 68, S. 649.
673 R. E Berkhofer, Day of Reckoning, S. 79, 120. Ebenso Ders., Abbatial Authority, S. 43-57.
 
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