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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0166
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162 | I. Die Abtei von Saint-Bertin

bert von Reningelst dokumentiert.713 Dieser stammte aus einer Ministerialenfamilie,
die ihr ministerium über das Dorf von Poperingem ausübte. Die Urkunde berichtet,
dass sich dieses Dorf seit seiner Schenkung durch Graf Arnulf friedlich im Besitz
des Klosters befunden habe. Dies änderte sich, als das ministerium an einen gewis-
sen Odo von Reningelst, den Vater des genannten Lamberts, ging. Odo habe dort
nämlich, so die Urkunde, »schlechte Gewohnheiten« aufkommen lassen.714 Nach
seinem Tod sei sein Sohn Lambert zum Abt von Saint-Bertin gekommen, um von
diesem mit einem Stück Land belehnt zu werden, das zuvor sein Vater vom Kloster
As feodum gehalten hatte, und um das ministerium von Poperingem übertragen zu
bekommen. Für letzteres bot er zudem Geld. Abt Lambert habe hierauf Rat mit den
Brüdern gehalten und sei zu dem Schluss gekommen, dass Lambert von Reningelst
das Land erhalten solle, nicht aber das Amt von Poperingem. Grund hierfür waren,
wie die Urkunde erläutert, die großen Ungerechtigkeiten, die dem Kloster durch
Lamberts Vater widerfahren seien.715 Odos »schlechte Gewohnheiten« bestanden
darin, dass er die Hörigen des Klosters gegen den Willen des dortigen praeposi-
tus, eines Mönchs von Saint-Bertin, ausbeutete. Zudem habe er Abgaben erhoben,
und dies ohne Zustimmung der gräflichen Schöffen. Und schließlich habe er alle
Einkünfte für sich beansprucht, die dem Abt aus der Rechtssprechung zustanden,
obgleich Odo selbst lediglich auf ein Zehntel der Einkünfte Anspruch gehabt hät-
te. Angesichts dieser »schlechten Gewohnheiten« begegneten die Mönche Lam-
bert mit großem Argwohn.716 Die Urkunde berichtet, dass in einer Versammlung -
bestehend aus Abt, Mönchen und den Rittern des Klosters - entschieden wurde,
dass Lambert das Amt schließlich doch unter bestimmten Bedingungen übertragen

713 Zum Original dieser Urkunde vgl. D. d’Haignere, Les chartes de Saint-Bertin, Bd. 1, D 110, S. 43. Eine
neuere Edition des Urkundentextes als die Guerards findet sich in E H. d’Hoop, Cartularium: Recueil
des chartes du prieure de Saint-Bertin, D 3, S. 5.
714 Zu den »schlechten Gewohnheiten« vgl. E Mazel, Encore les « mauvaises coutumes ».
715 B. Guerard, Cartulaire, S. 248: »Notum sit Omnibus quod villa Poperinghem, quam Arnulphus co-
mes sancto Bertino tradidit, cum comitatu ipsius ville, pro redemptione anime sue, et tarn successorum
suorum, videlicet comitum, quam predecessorum, in magna pace fuit usque ad tempus quo Odo de
Reningels ministerium obtinuit, qui pravas consuetudines in eadem villa elevavit; unde mortuo Odone,
hec conventio facta est inter Lambertum, filium ejus, et abbatem sancti Bertini, Lambertum nomine.
Post mortem siquidem Odonis, Lambertus, filius ejus, venit ad abbatem Lambertum, rogans eum ut
quod pater suus ab eo tenuerat, scilicet quoddam feodum in terris, et ministerium de Poperinghem ei
redderet, offerens pecuniam pro ministerio. Abbas vero, communicato consilio cum capitulo ecclesie et
hominibus suis, feodum quidem terre concedens, ministerium reddere noluit, propter magnas injusticias
et forisfacturas quas pater ejus fecerat [...].«
716 B. Guerard, Cartulaire, S. 248: »[...] videlicet depredando homines sancti, contra justiciam et voluntatem
monaci procurationem ville habentis, et sine juditio scabinorum, et coactas petitiones faciendo. Et cum
ad eum, nisi decimus nummus de placitis pertineret, reliquos novem, et cetera que de placitis ad abbatem
pertinebant, abbati et ecclesie violenter auferebat. Timens vero abbas et fratres ne similes filius injusticias
faceret [...].«
 
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