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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Editor]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0234
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230 | II. Die Abtei von Marchiennes

2.1.2. Weitere Werke aus Marchiennes
Die Aufzeichnung von Wunderberichten brach nach Galbert von Marchiennes aber
keinesfalls ab. Zwischen 1133 und 1164 verfasste ein anonymer Mönch aus Mar-
chiennes anlässlich der Translation der Reliquien der heiligen Eusebia nach Hamage
die Miracula Sanctae EusebiaeV5
In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wird die Textproduktion des Klos-
ters vor allem durch Andreas von Marchiennes dominiert.955 956 Zwischen 1164 und
1166 verfasste er zwei Bücher der Miraculae Sanctae Rictrudis und erweiterte sie
1168 um einen Zusatz. Dieses Werk greift in weiten Teilen den Inhalt der Werke
Galberts auf, liefert aber mitunter mehr Details.957 Unter Andreas erfuhren die Mi-
rakelsammlungen des Klosters weitere Überarbeitungen. So fertigte er zwischen
1168 und 1174 eine zweite Version seiner Miracula Sanctae Rictrudis an. Auch die
Miracula Sanctae Eusebiae erfuhren durch ihn eine Überarbeitung.
Neben den verschiedenen Mirakelsammlungen entstand in der zweiten Hälfte
des 12. Jahrhunderts auch die Vita Hugonis, die Lebensbeschreibung Abt Hugos
von Marchiennes.958 Nicht genauer datiert werden können außerdem die in dieser
Zeit entstandenen Annalen des Klosters.959
2.2. Die Krise der Abtei unter Abt Fulchard
Als im Jahr 1103 Abt Alard II. starb, fiel die Wahl der Mönche von Marchiennes
auf Fulchard, einen Mönch aus Hasnon, der aus der mächtigen Familie der Landas
stammte.960 Der neue Abt sei, wie die Annalen des Klosters bemerken, einer der
Brüder Amalrichs II., des Herren von Landas gewesen.961 Die Wahl eines Mitglieds
955 K. Uge, Creating the Monastic Past, S. 127-130.
956 Vgl. dazu K. E Werner, Andreas von Marchiennes, der diesem Autor einen Großteil der in der zweiten
Hälfte des 12. Jahrhunderts verfassten Texte in Marchiennes und Anchin zuspricht. Da Andreas aber
weitgehend exzerpiert hat, lässt sich seine Autorschaft nur schwer nachweisen. Kritik an Werner hat vor
allem G. Despy in einer Rezension zu Werners Studie (Scriptorium 9 [1955], S. 156-158) geübt.
957 Andreas, Miracula Sanctae Rictrudis, S. 89C-118D; S. Vanderputten, Fulcard’s Pigsty, S. 104 meint, dass
Andreas in seinem Werk Episoden liefert, die sich Galbert kurze Zeit nach den Ereignissen noch nicht
aufzuschreiben traute.
958 Vita Hugonis Marchianensis, S. 301-384.
959 Annales Marchianenses, S. 609-617; zur Datierung vgl. Bethmanns Praefatio, ebd., S. 608: Bis zum
Jahreseintrag von 912 ist eine Hand aus dem 12. Jahrhundert zu erkennen, danach verschiedene Hände
vom 13. bis ins 16. Jahrhundert.
960 Annales Marchianenses, S. 615: »1103. Obiit Alardus abbas, succedit Fulcardus nonus, monachus Has-
noniensis, frater domni de Landasto. [...]«
961 Vgl. dazu Annales Marchianeneses, S. 615; zu den beiden anderen Brüdern, Gerhard und Stephan vgl.
S. Vanderputten, Fulcard’s Pigsty, S. 98.
 
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