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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Editor]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0247
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3. Veränderungen im Innern | 243

Gerzaguet konnte zudem zeigen, dass die Handschrift aus Marchiennes und
eine aus Anchin stammende Consuetudineshandschrift des 13. Jahrhunderts deut-
liche Abhängigkeiten aufweisen.1016 Bedenkt man, dass die correctio Marchiennes
maßgeblich von Mönchen aus Anchin vorangetrieben wurde und die Leitung der
Abtei dem ehemaligen Prior von Anchin, Amand von Castello, anvertraut wurde,
ist es naheliegend, dass die Gemeinschaft von Marchiennes den Text der Consuetu-
dines aus Anchin erhalten hatte.
Eine Besonderheit dieser Handschrift ist der bereits erwähnte Text auf Fo-
lio 69. Die von Stanley Ceglar vorgenommene Edition der Beschlüsse des Ge-
neralkapitels von 1131 beruht allerdings weitgehend auf einer Handschrift, die aus
Saint-Martin in Tournai stammt. Den Textzeugen aus Marchiennes kennt sie nicht,
obgleich er bereits 1928 von Paulus Volk entdeckt worden war.1017 Gerzaguet
bemerkt zu dem Text aus Marchiennes, dass er im Vergleich zu dem aus Saint-
Martin überlieferten Text einige »elements originaux« beinhalte.1018 In der Tat weist
der Text aus Marchiennes einige zusätzliche Passagen auf, die nicht in der Edition
Ceglars erscheinen. Insgesamt erscheint er vollständiger als der Text aus Tournai
und spiegelt zudem wohl noch den ursprünglichen Textaufbau wider.1019 Im Gegen-
satz zur Handschrift aus Tournai findet sich aber in jener aus Marchiennes keine
Liste der verbrüderten Häuser, stattdessen allerdings die bislang einzige bekannte
Passage, die eine Verbrüderung der besagten Äbte mit den Äbten von Premontre
dokumentiert.1020
1016 J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 127 führt an, dass Bernhards Consuetudines das Jahr in zwei
Teile einteilen: von Ostern bis Oktober und von Oktober bis Ostern. Sowohl die Handschrift aus
Anchin, als auch die aus Marchiennes verkehren diese Reihenfolge. Das Kapitel 26 De praefationibus
findet sich in beiden Handschriften als eigenständiges Kapitel, wohingegen es bei Bernhard in den Text
integriert ist. Zudem weisen beide Handschriften immer wieder gleichlautende Formulierungen und
Bindewörter auf, die bei Bernhard nicht zu finden sind.
1017 S. Ceglar, Guillaume de Saint-Thierry et son röle directeur, S. 312-319. Bei der Handschrift aus Tournai
handelt es sich um Paris, BNF, ms. lat. 2677, fol. 83v-84r. Fol. 83v wurde bereits u. a. von U. Berliere,
Documents inedits ediert; siehe dazu oben S. 30 -35; fol. 84r wurde von Ceglar zum ersten Mal ediert.
Als einzigen weiteren Textzeugen führt er Beispiele aus Du Ganges Glossarium auf, die Passagen einer
heute verlorenen Handschrift des Mont-Saint-Quentin wiedergeben. Dem Textzeugen aus der Hand-
schrift aus Marchiennes widmet sich P. Volk, Der Rezeß eines Provinzialkapitels.
1018 J. P. Gerzaguet, Les confraternites, S. 320.
1019 Der Inhalt der acta scheint streckenweise auseinandergerissen zu sein. So endet fol. 83v der Hand-
schrift aus Tournai mit der Auflistung der verbrüderten Häuser, auf fol. 84r werden dann weitere
Bestimmungen aufgelistet. Douai, BM, ms. 540, fol. 69v hingegen liefert einen durchgängigen Text
und zudem einige Passagen, die in der Handschrift von Saint-Martin ausgelassen wurden. P. Volk, Der
Rezeß druckt den Wortlaut des gesamten Folios ab und hebt jene Passagen hervor, die von der Edition
von U. Berliere, Documents inedits abweichen.
1020 Douai, BM, ms. 540, fol. 69v: »Inter ipsos etiam et abbates praemonstratensis ordinis statum est ut pro
fratribus utriusque ordinis defunctis premissa absolutione in capitulo officium unum semel in anno
in festivitate videlicet beati Crisogoni martiris cum pulsatione signorum et prebenda in refectorio et
collecta Deus veniae alterutrum in conventu fiat et unusquisque sacerdos missam unam, ipsa die vel
 
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