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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0260
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256 | II. Die Abtei von Marchiennes

Zweifel an dem wundersamen Ereignis wurden ausgeräumt, nachdem die Angele-
genheit von vier Männern des Dorfes intensiv erörtert worden war. Sie seien zu dem
Schluss gekommen, dass darin ein Zeichen Gottes gesehen werden dürfe, durch das
der heilige Jonatus seine Dankbarkeit für die ihm entgegengebrachte Verehrung
zeigte.1070 Galbert bemerkt, dass nun plötzlich der Name des heiligen Jonatus in
aller Munde gewesen sei und jeder gewusst habe, welche Wirkkraft dieser Heilige
besitze.1071
Das in der Translatio dokumentierte Wunder diente also in erster Linie dazu,
den Kult eines neuen Heiligen zu etablieren. Auch wenn das als Wunder gedeutete
Ereignis eher als bescheiden gelten darf, ist seine Wirkung nicht zu unterschätzen.
Für die Bewohner Saillys war es ein Zeichen des Schutzes, der himmlischen Hilfe,
für ihre Feinde eine ernst zu nehmende Warnung, weswegen sie fortan große Furcht
vor Jonatus hatten.1072
Das Wunder bewirkte letztlich, dass sich nun sowohl Abt Amand als auch die
Bewohner Saillys des Wertes dieses Heiligen bewusst wurden. Während der eine
weitere Reliquienumfahrten unterband, äußerten die Dorfbewohner ihren Unmut
gegenüber dieser Entscheidung und beteten inständig zu Jonatus. Aber nicht nur
die Bewohner von Sailly, sondern auch die Mönche von Marchiennes hätten fortan
darauf geachtet, diesen Heiligen zu verehren. Jonatus würde nämlich, wie Galbert
bemerkt, nur selten Angriffe auf jene erdulden, die er beschützt. Die Feinde der
Mönche hingegen konnten nicht aufhören über ihn zu sprechen und fühlten sich
stets von ihm bedroht und dies auch ohne dass er anwesend war.1073
Das Beispiel der Translatio Sancti lonati zeigt letztlich besonders anschaulich,
welch stark identitätsstiftende Wirkung der neu etablierte Jonatuskult hatte und
1070 S. Vanderputten, A Miracle of Jonatus, c. 4, S. 79-80: »Ut cognoscant autem qui assistant quoniam
Dominus de caelis prospexit super filios hominum per merita nimirum sanctorum suorum de claritate
quae ostensa est, ut videat si est intellegens aut requires Deum, sumat domnus praecox iterati sermo-
nis exordium et ostendat asstanti populo quoniam hodierna die mirificavit Dominus sanctum suum,
hodierna luce patefecit populis quanti penderet sanctissimi confessoris sui lonati insigne meritum.«
1071 S. Vanderputten, A Miracle of Jonatus, c. 4, S. 79: »[...] Hilduinus, villici tune temporis iunioris Walteri
patruus [...].« ebd., c. 5, S. 82: »Dum vero populous acclamaret laudes Domini, classica, qualia in pagis
solent haberi, haud cessabant strepitum suum tinnulis modulis decenter exequi. Sic Dominus Jhesus
sanctum lonatum abbatem et confessorem suum in ore omnium qui aderant posuit cuiusque esset
meriti vir sanctus brevi conpendio mundi declaravit.«
1072 S. Vanderputten, A Miracle of Jonatus, c. 6, S. 82: »Exhinc sanctus lonatus confessor et abbas praecipu-
us maiori terrori erat hostibus qui audierant de eo sive de Dei magnalibus.« ebd., c. 7, S. 84: »Cogno-
verunt tandem et re ipsa experti sunt iidem fratres Marcenienses, presentiam sanctorum locis humano
solatio destitutis, salubriter praeesse, non minimum prodesse, terrorem hostibus incutere, bonorum
profectui aliquid in dies augere.«
1073 S. Vanderputten, A Miracle of Jonatus, c. 8, S. 87: »Ex eo igitur tempore in frequentiori cultu neenon in
maiori veneratione fratres sanctum habuere lonatum, cuius in presentia nullus vel rarus apud eos quos
defensabat patuit incursus hostium. Quod et ipsi hostes pleno ore fatebantur et future ut preterita quasi
presentia sancti confessoris in absentia minabantur.«
 
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