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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0354
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350 | III. Die Abtei Saint-Martin in Tournai

schehen und somit nicht 1095, sondern wohl 1094.1404 Demnach ist die erhaltene
Urkunde Bischof Radbods nichts anderes als ein direktes Zeugnis dieser ersten
schweren Krise des Martinsklosters. Sie ist keine Gründungsurkunde im engeren
Sinne, sondern eine Urkunde, die die Existenz der bestehenden Gemeinschaft be-
stätigte und durch den Rechtsakt festigte. Lynn Nelson nimmt an, dass der Abzug
der Mönche von Odo durchaus berechnet war und weit weniger frommen Motiven
folgte, als es Hermann glauben machen will. Der Abt habe nämlich mit dieser Ak-
tion versucht, die Restitution des Klosterbesitzes zu forcieren, was ihm letztend-
lich auch gelingen sollte.1405 Fest steht zumindest, dass die Gemeinschaft aus dieser
ersten Krise gestärkt hervorging: Nicht nur der Bischof, sondern auch zahlreiche
milites und Kleriker bezeugten mit ihrer Unterschrift ihre Unterstützung der jun-
gen Gemeinschaft.1406
Ein weiterer Förderer des Martinsklosters war nicht zuletzt Graf Robert II. und
seine Gemahlin Clementia.1407 Aber weder Hermann noch eine gräfliche Urkunde
geben Auskunft darüber, wie die konkrete Unterstützung der Gemeinschaft aus-
sah.1408 Vor allem die Lage des Martinsklosters an der Grenze zum Hennegau und
in unmittelbarer Nähe zum Sitz des gräflichen Kastellans erklärt das Interesse des
Grafen an dieser Gemeinschaft. Nicht zu klären ist, ob Eberhard, der Kastellan von
Tournai, mit seinem entschiedenen Einsatz für ein Verbleiben der Gemeinschaft in
Tournai letztlich die Interessen des Grafen oder doch die eigenen vertrat.1409
1404 Hermann, Liber, c. 39, S. 79: »[...] tercio adventus sui anno conqueri inciperent [...].«
1405 L. Nelson, The Restoration, S. 142-147.
1406 A. d’Herbomez, Charles, S. 3: »S. domni Radbodi, episcopi; S. Baldrici, archidiaconi; S. Petri, cantoris;
S. Ernulfi, presbiteri; S. Roscelini, presbiteri; S. Maurini, presbiteri; S. Segardi, diaconi; S. Gerelmi,
diaconi; S. Aloldi, diaconi; S. Stephani, subdiaconi; S. Hugonis, subdiaconi; S. Desiderii, subdiaconi;
S. Landrici, acoliti; S. Odonis, acoliti; S. Hagenonis, acoliti; S. Hugonis, castellani; S. Hugonis Calnia-
censi; S. Helinandi, militis; S. Sasgualolonis, militis; S. Goisberti, militis; S. Gualteri, Tornacensis archi-
diaconi; S. Petri, decani; S. Herimani, prepositi; S. Elberti, cantoris; S. Stephani, presbiteri; S. Hellini,
presbiteri; S. Johannis, presbiteri; S. Ledberti, diaconi; S. Bernuini, subdiaconi; S. Ingebrandi, acoliti;
S. Werici, acoliti; S. Evrardi, castellani; S. Rodulfi, advocati; S. Gonteri, militis; S. Radbodi, militis;
S. Teoderici, prepositi; S. Rodulfi, militis; S. Ledberti, militis.«
1407 Hermann, Liber, c. 18, S. 56: » [...], in cuius tempore domnus Odo, cum clericis suis seculo renuntians,
sancti Martini Tornacensis ecclesiam intravit ipsumque comitem cum Clementia uxore sua liberalem
sibi adiutorem invenit.«
1408 Hermann, Liber, c. 58, S. 103 berichtet, wie Prior Rudolf Osmund Graf Robert II. dazu bewegen
konnte, dem Kloster Land zu übertragen. A. d’Herbomez, Charles führt nur einige wenige Urkunden
der Grafen von Plandern auf. So D 26, S. 23 (Balduin VII.), D 33, S. 32-33 (Balduin VII: bestätigt die
von Graf Robert II. getätigte Schenkung zweier Höfe bei Nomain und Templeuve), D 51, S. 54 (Diet-
rich vom Elsass). Zudem D 2, S. 4-5 des Grafen vom Hennegau und D 22, S. 20-21 Ludwigs VI. von
Frankreich.
1409 Wie in vergleichbaren Bällen könnte Eberhard in Saint-Martin die Gelegenheit gesehen haben, eine
Familiengrablege zu gründen. Als Mitglied der Familie der Avesnes bestanden zudem Beziehungen
zwischen ihm, Odo und Radbod II. Hermann weiß an anderer Stelle zu berichten, dass derselbe Eber-
hard sich später gegen den Grafen erhoben und letztlich Hilfe von Odo bekommen habe: Hermann,
Liber, c. 65, S. 115-116.
 
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