6. Der Liber de restauratione und die correctio von 1136 | 407
Der vierte Band orientiert sich in auffallender Weise an den Interessensschwer-
punkten Odos und seiner Schüler.1634
Hermanns Bericht über das hohe intellektuelle Milieu des Martinsklosters lässt
sich somit auch anhand von überlieferten Handschriften und Werken einzelner
Mönche durchaus belegen. Odos Gelehrsamkeit als Scholaster übertrug sich nicht
nur auf das kösterlicher Leben in Saint-Martin, sondern auch auf die dortigen Brü-
der. Für die beschriebene intellektuelle Tätigkeit bedurfte es allerdings eines gewis-
sen Mindestmaßes an Bildung, was in Saint-Martin durchaus gegeben war. Führt
man sich nämlich vor Augen, wer nach Hermanns Angaben Mönch im Martins-
kloster wurde, wird deutlich, dass ein bedeutender Teil der Gemeinschaft aus dem
schrift noch ihre originale Bindung besitzt, lässt sich genau ermitteln, welche Blätter oder Hefte später
eingefügt worden sind. Auch im Text lassen sich immer wieder größere Radierungen und Einschübe
erkennen. Diese zahlreichen Nachträge und Ergänzungen machen es daher sehr wahrscheinlich, dass es
sich um eine Handschrift handelt, die im unmittelbaren Umfeld Alulfs entstanden war. Da sich in der
Handschrift aber mindestens noch eine weitere Hand ermitteln lässt, scheint zunächst die Bezeichnung
Bibliotheksexemplar passender zu sein als Autograph Alulfs. Da in der gesamten Handschrift kein
Vermerk zu finden ist, in dem Alulf seine Autorschaft signalisiert, ist bei der Bezeichnung Autograph
Vorsicht geboten. Ruft man sich aber in Erinnerung, dass Hermann berichtet, Alulf habe 47 Jahre lang
die Bibliothek und das Skriptorium von Tournai geleitet (Liber, c. 38, S. 77), ändert sich das Bild. Die
dominierende Schrift in der Handschrift Brüssel, BR, ms. II 1400 ist durchaus charakteristisch. Inter-
essanterweise findet man diese Schrift in weiteren Handschriften aus Tournai, die heute in Brüssel und
Paris aufbewahrt werden. Diese Kodices weisen paläographisch und stilistisch ebenfalls in die erste
Hälfte des 12. Jahrhunderts. Besonders auffallend ist, dass die genannte Hand in den meisten Fällen
Korrekturen am Rand oder im Text vermerkt. In manchen Handschriften wurden diese Korrekturen
äußerst penibel vorgenommen. Dieser Befund zeigt, dass die genannte Hand zumindest von einer
Person stammen musste, die im Skriptorium der Martinsabtei über eine gewisse Autorität verfügte und
dies offenbar über einen längeren Zeitraum. Ob es sich dabei tatsächlich um die Hand des Bibliothekars
Alulf handelt, kann aber nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden. Die genannten Befunde machen
dies aber durchaus wahrscheinlich.
Brüssel, BR, ms. II 1400, fol. 2v, Sp. B: »Primus de Dei pater tractat et filio et de spritu sancto.« Die
Kapitel dieses Buches finden sich auf fol. 3r und lauten: I. De omnipotentia Dei patris / II. De incom-
mutabili essentia Dei / III. De eternitate Dei / IV. Quod tempus non sit in eternitate Dei / V. Quod
Deus pater filium genuerit / VI. Quomodo Spiritus sanctus sit stabilis et mobilis / VII. Quod Spiritus
sanctus illuminet corda fidelium / VIII. De apparitionibus sancti Spiritus / IX. Quod Deus sit incor-
poreus / X. Quod sit in Deo oculus ... / XL Quod sit os Dei / XII. Quod sit brachium vel manum
domini / XIII. Quod sit scire vel nescire Dei / XIV. Quod sit ridere vel irasci Dei / XV. Quod sit videre
Dei / XVI. Quomodo Deus loquitur ad angelos / XVII. Quomodo angeli loquuntur ad Deum / XVIII.
Quomodo animae sanctorum loquuntur ad Deum / XIX. Quomodo Deus loquitur ad diabolum / XX.
Quomodo diabolus loquitur ad Deum / XXL Quomodo Deus per seipsum loquitur ad homines /
XXII. Quomodo Deus per angelos loquitur ad homines / XXIII. Quomodo Deus ... zelaris iratus
peniteris misericors / XXIV. Quod Deus in natura sua videatur in cello / prae sancti crudelis / XXV.
Quomodo antiqui patres viderent dominum / XXVI.Quomodo per creaturam suam cognoscat Deus.
1634 Brüssel, BR, ms. II 1400, fol. 2v, Sp. B: »Primus de Dei pater tractat et filio et de spritu sancto; Secundus
de bonis et malis angelis; Tertius de inobedientia et lapsu primi homines; Quartus quod pro hoc redi-
mendo factus est deus homo; Quintus de sancta ecclesia et de christanis.« Die Thematik dieser Bücher
spiegeln in auffallender Weise die Interessensgebiete Odos von Tournai wider. Sie kreisen nicht nur um
die Frage des unde malum und der Erbsünde, sondern auch um die Frage nach der Notwendigkeit der
Fleischwerdung Christi.
Der vierte Band orientiert sich in auffallender Weise an den Interessensschwer-
punkten Odos und seiner Schüler.1634
Hermanns Bericht über das hohe intellektuelle Milieu des Martinsklosters lässt
sich somit auch anhand von überlieferten Handschriften und Werken einzelner
Mönche durchaus belegen. Odos Gelehrsamkeit als Scholaster übertrug sich nicht
nur auf das kösterlicher Leben in Saint-Martin, sondern auch auf die dortigen Brü-
der. Für die beschriebene intellektuelle Tätigkeit bedurfte es allerdings eines gewis-
sen Mindestmaßes an Bildung, was in Saint-Martin durchaus gegeben war. Führt
man sich nämlich vor Augen, wer nach Hermanns Angaben Mönch im Martins-
kloster wurde, wird deutlich, dass ein bedeutender Teil der Gemeinschaft aus dem
schrift noch ihre originale Bindung besitzt, lässt sich genau ermitteln, welche Blätter oder Hefte später
eingefügt worden sind. Auch im Text lassen sich immer wieder größere Radierungen und Einschübe
erkennen. Diese zahlreichen Nachträge und Ergänzungen machen es daher sehr wahrscheinlich, dass es
sich um eine Handschrift handelt, die im unmittelbaren Umfeld Alulfs entstanden war. Da sich in der
Handschrift aber mindestens noch eine weitere Hand ermitteln lässt, scheint zunächst die Bezeichnung
Bibliotheksexemplar passender zu sein als Autograph Alulfs. Da in der gesamten Handschrift kein
Vermerk zu finden ist, in dem Alulf seine Autorschaft signalisiert, ist bei der Bezeichnung Autograph
Vorsicht geboten. Ruft man sich aber in Erinnerung, dass Hermann berichtet, Alulf habe 47 Jahre lang
die Bibliothek und das Skriptorium von Tournai geleitet (Liber, c. 38, S. 77), ändert sich das Bild. Die
dominierende Schrift in der Handschrift Brüssel, BR, ms. II 1400 ist durchaus charakteristisch. Inter-
essanterweise findet man diese Schrift in weiteren Handschriften aus Tournai, die heute in Brüssel und
Paris aufbewahrt werden. Diese Kodices weisen paläographisch und stilistisch ebenfalls in die erste
Hälfte des 12. Jahrhunderts. Besonders auffallend ist, dass die genannte Hand in den meisten Fällen
Korrekturen am Rand oder im Text vermerkt. In manchen Handschriften wurden diese Korrekturen
äußerst penibel vorgenommen. Dieser Befund zeigt, dass die genannte Hand zumindest von einer
Person stammen musste, die im Skriptorium der Martinsabtei über eine gewisse Autorität verfügte und
dies offenbar über einen längeren Zeitraum. Ob es sich dabei tatsächlich um die Hand des Bibliothekars
Alulf handelt, kann aber nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden. Die genannten Befunde machen
dies aber durchaus wahrscheinlich.
Brüssel, BR, ms. II 1400, fol. 2v, Sp. B: »Primus de Dei pater tractat et filio et de spritu sancto.« Die
Kapitel dieses Buches finden sich auf fol. 3r und lauten: I. De omnipotentia Dei patris / II. De incom-
mutabili essentia Dei / III. De eternitate Dei / IV. Quod tempus non sit in eternitate Dei / V. Quod
Deus pater filium genuerit / VI. Quomodo Spiritus sanctus sit stabilis et mobilis / VII. Quod Spiritus
sanctus illuminet corda fidelium / VIII. De apparitionibus sancti Spiritus / IX. Quod Deus sit incor-
poreus / X. Quod sit in Deo oculus ... / XL Quod sit os Dei / XII. Quod sit brachium vel manum
domini / XIII. Quod sit scire vel nescire Dei / XIV. Quod sit ridere vel irasci Dei / XV. Quod sit videre
Dei / XVI. Quomodo Deus loquitur ad angelos / XVII. Quomodo angeli loquuntur ad Deum / XVIII.
Quomodo animae sanctorum loquuntur ad Deum / XIX. Quomodo Deus loquitur ad diabolum / XX.
Quomodo diabolus loquitur ad Deum / XXL Quomodo Deus per seipsum loquitur ad homines /
XXII. Quomodo Deus per angelos loquitur ad homines / XXIII. Quomodo Deus ... zelaris iratus
peniteris misericors / XXIV. Quod Deus in natura sua videatur in cello / prae sancti crudelis / XXV.
Quomodo antiqui patres viderent dominum / XXVI.Quomodo per creaturam suam cognoscat Deus.
1634 Brüssel, BR, ms. II 1400, fol. 2v, Sp. B: »Primus de Dei pater tractat et filio et de spritu sancto; Secundus
de bonis et malis angelis; Tertius de inobedientia et lapsu primi homines; Quartus quod pro hoc redi-
mendo factus est deus homo; Quintus de sancta ecclesia et de christanis.« Die Thematik dieser Bücher
spiegeln in auffallender Weise die Interessensgebiete Odos von Tournai wider. Sie kreisen nicht nur um
die Frage des unde malum und der Erbsünde, sondern auch um die Frage nach der Notwendigkeit der
Fleischwerdung Christi.