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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0414
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7. Zur Konstruktion einer kollektiven Identität

7.1. Klösterliche Identität zwischen Odo und Cluny
Die Heiligkeit des Ortes - Saint-Martin - thematisiert Hermann bereits in einem
kurzen Exkurs zur Gründung des Klosters durch den heiligen Eligius von Noy-
on.1637 Eligius habe nämlich an dem Ort, an dem er einen Hufabdruck des Pferdes
des heiligen Martins gefunden zu haben glaubte, ein Kloster errichtet, in dem die
Mönche so streng lebten, dass ihm kein anderes Kloster in Gallien gleichgekommen
sei.1638 Mit dieser Behauptung wertet Hermann zunächst die Bedeutung seiner Ab-
tei auf, konnte sie sich doch auf eine äußerst fromme Vergangenheit berufen. In Ver-
bindung mit der Schilderung der besonders strengen Lebensweise unter Abt Odo
suggeriert Hermann, dass dieses strenge Leben an diesem Ort eine lange Tradition
hatte, an die letztlich mit der restauratio des Klosters wieder angeknüpft wurde.
Hermann schafft damit die Illusion einer Kontinuität, die nicht nur legitimierend,
sondern auch identitätsstiftend wirken sollte.
Begnügte sich Hermann damit, die Lebensweise zu Zeiten des heiligen Eligius
lediglich als streng zu bezeichnen, bringt er die Lebensweise unter Abt Odo in
Verbindung mit dem Namen Clunys, wie er selbst betont, mit der besten Lebens-
weise, die es damals gegeben habe. Cluny habe zu jener Zeit nämlich wegen seines
guten Rufes, seiner religio, seiner caritas und wegen Abt Hugo über allen anderen
Klöstern gestanden.1639 An einer anderen Stelle des Liber de restauratione bemerkt
Hermann zudem, dass Saint-Martin zur Zeit Odos wegen seiner großen religio sehr
berühmt gewesen sei und einen großen Namen gehabt habe. Zusammen mit den
Klöstern von Affligem und Anchin habe es zu den einzigen Klöstern in der Kir-
chenprovinz Reims gehört, welche die Gewohnheiten von Cluny befolgten. Her-
mann fügt dem noch hinzu, dass Cluny zu jener Zeit die strengste Lebensweise bot,
die man finden konnte. Bis dahin sei nämlich noch nicht die Rede von der Strenge
der Zisterzienser und noch weniger von Norbert gewesen.1640
1637 Hermann, Liber, c. 43, S. 84-87.
1638 Hermann, Liber, c. 43, S. 86: »Vite vero institutionem tarn districtam indidit, ut pene singularis fuerit
vita eisdem monachis pre ceteris Gallie monasteriis.«
1639 Hermann, Liber, c. 70, S. 121: »[...] sed institutis et regula Cluniacensis cenobii contentus esset, quod
solum et fama et religione necnon et caritate universis Gallie monasteriis eo tempore preminebat ea
venerabili abbate Hugone regebatur.«
1640 Hermann, Liber, c. 79, S. 134 : »Magni nominis mangaeque religionis tune erat cenobium nostrum, quia
in toto archiepiscopatu Remensi eo tempore nonnisi tres inveniebantur ecclesie, que consuetudines
Cluniacenses servarent, Aquicinensis scilicet, Haffligeniensis et nostra. Cluniacense siquidem ceno-
 
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