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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0440
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436 | IV. Die Abtei von Anchin

In Anchin schritten die Mönche 1110 schließlich zur Wahl eines geeigneten
neuen Abtes.1730 Ihre Wahl fiel auf einen gewissen Robert, der aus der Normandie
stammte und bereits als Mönch in Anchin lebte.1731 Aus einem Brief der Mönche an
Bischof Lambert von Arras wird die rechtmäßige Wahl Roberts bekannt gegeben
und dessen Weihe erbeten.1732 Umso erstaunlicher ist es, dass Robert bereits 1111
sein Amt niederlegte.1733 Während die Annalen lediglich bemerken, dass Robert ab-
gesetzt wurde, liefert das Auctarium mehr Einzelheiten. Der Verfasser spielt darin
zunächst auf die Umstände der Abtswahl an und bemerkt diesbezüglich, dass er
über die Art, wie Robert in sein Amt gekommen war, lieber schweigen wolle.1734 Als
Abt habe Robert große Mühen gehabt, da er von einigen saeculares bedroht worden
sei, worunter das ihm anvertraute Kloster sehr zu leiden hatte. Da man Robert die
Schuld daran gegeben habe, habe er sein Amt schließlich niedergelegt.1735
Das Auctarium gibt zu erkennen, dass die Gemeinschaft von Anchin im Jahr 1111
in eine schwere Krise geraten war. Diese traf das Kloster gleichermaßen im Innern
wie im Äußeren. Der Hinweis auf die insectationes quorumdam saecularium ist da-
bei von besonderer Bedeutung. Gerzaguet hat den Versuch unternommen, diesen
saeculares mithilfe des Urkundenbestands Namen zu geben. Von besonderem In-
teresse sind diesbezüglich zwei Urkunden des Bischofs von Cambrai aus dem Jahr
1111. Darin werden eine ältere Schenkung des Kastellans von Cambrai, Hugo I. von
Oisy, und die 1088 von Ermengard von Mons getätigte Schenkungen an das Priorat
von Aymeries bestätigt.1736 Diese Bestätigungsurkunden machen deutlich, dass von
den Familien Oisy und Mons - und genauer genommen von deren Kindern - eine
potentielle Gefahr ausgegangen war. Die Urkunde berichtet nämlich, dass Hugo II.,
nachdem sein Vater wohl 1111 in das Kloster von Saint-Andre du Cateau eingetre-
ten war, dessen fromme Schenkungen bestätigen musste.1737 Ein weiterer Grund
Lambert in seinem Wunsch nach einem kontemplativen Leben gestört fühlte, sondern auch durch den
lange andauernden und heftigen inneren Konflikt in der Gemeinschaft.
1730 Zur Datierung der Wahl vgl. J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 80.
1731 Vgl. dazu J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 80.
1732 C. Giordanengo (Hg.), Le registre de Lambert, E 102, S. 466-468: »[...] hunc praesentem fratrem
nostrum donnum Robertum, communi consensu in abbatem nobis eligimus, consecrandumque vestrae
paternitati direximus, obsecrantes ut quod in eo caepimus laudetis et confirmetis.«
1733 Zur Datierung vgl. J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 81.
1734 Auctarium, S. 395: »Cui successit in cura pastorali Robertus, eiusdem coenobii monachus, qui qualiter
electus fuerit, supersedeo narrare, ne quemlibet offendat sermo relationis nostrae.«
1735 Auctarium, S. 395: »1111. Robertus Aquicinensis coenobii quintus abbas, aegre ferens, insectatione
quorumdam saecularium vexari aecclesiam sibi creditam, simul quia hoc ei imputabatur, consilio ac-
cepto dimisit abbatiam, succedente ei domno Alviso.«
1736 J. P. Gerzaguet, Les chartes de l’abbaye d’Anchin, D 26, S. 121-122; D 27, S. 123-124.
1737 J. P. Gerzaguet, Les chartes de l’abbaye d’Anchin, D 27, S. 123-124: »[...] H§c dinumeravi et tradidi
domno Gelduino abbati Aquicinensi in presentia dominorum meorum Odonis, scilicet Cameracensis
episcopi, et Rotberti, Flandrensium comitis, tradentibus simul uxore mea Ada et filio meo Hugone cum
reliquis filiis et filiabus meis.«
 
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