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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0451
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3. Veränderungen in der Lebensweise | 447

tiert es auf das 13. Jahrhundert.1780 Die Handschrift enthält neben einigen liturgischen
Zusätzen des 15. Jahrhunderts im Wesentlichen das Ordinarium und die Gewohn-
heiten des Klosters. Bei letzteren handelt es sich um eine Version der Gewohnhei-
ten Bernhards von Cluny. Gerzaguet konnte allerdings nachweisen, dass sich die
Handschrift aus Anchin in einigen Punkten deutlich von ihrer Vorlage unterschied.
Während Bernhards Text in 75 Kapitel aufgeteilt war, besteht jener aus Anchin le-
diglich aus 68 Kapiteln, die zudem einem anderen Ordnungsmuster folgen und da-
bei immer wieder Passagen auslassen.1781 Tutsch sieht sich in der Kapiteldisposition
dieser Handschrift »über weite Strecken stark an die Ordnung Ulrichs« erinnert.1782
Stark gekürzt ist vor allem der Teil, der die Ämter im Kloster betrifft. So finden
sich in den Gewohnheiten von Anchin lediglich die Kapitel über den armarius, die
circatores, den infirmarius, den refectorarius und den elemosinariusJ7^ Aber auch
in diesen Kapiteln wurden starke Veränderungen vorgenommen. Während die Ka-
pitel De infirmario und De refectorario eigenständige Zusätze aufweisen, wurde
das Kapitel De elemosinario stark gekürzt. Nur das Kapitel über die Circatoren
des Klosters blieb unverändert.1784 Von den insgesamt 68 Kapiteln beschreiben elf
Kapitel eigenständige liturgische und disziplinarische Gebräuche aus Anchin.1785 In
37 Kapiteln finden sich Auslassungen oder Abweichungen vom Text Bernhards.1786
1780 J. P. Gerzaguet, Le necrologe et le coutumier, S. 174; Ders., L’abbaye d’Anchin, S. 122-123 datiert die
Abschrift der Handschrift auf die Zeit zwischen 1255 und 1300. Auf dem letzten Folio des Ordinarium
ist vermerkt, dass dessen Abfassung in direktem Zusammenhang mit den 1254 von Papst Alexander IV.
angeregten Liturgiereformen steht. Demnach sollten die Offizien gekürzt werden dürfen, um sich
verstärkt dem Studium widmen zu können. Ein weiterer Anhaltspunkt sei der aus einer anderen Hand
stammende Nachtrag des Festes des heiligen Ludwig (1297 kanonisiert). Dieser Nachtrag ist aber kein
schlagkräftiges Argument, um den terminus ante quem zu finden, da in den Gewohnheiten der Klös-
ter, wie Gerzaguet selbst zeigt, immer wieder Teile nachgetragen wurden.
1781 Die Capitula der Handschrift werden aufgeführt bei J. P. Gerzaguet, Le necorologe et le coutumier,
S. 175-176. Insgesamt 23 Kapitel der Gewohnheiten Bernhards fehlen in der Handschrift aus Anchin.
In 37 Kapiteln finden sich mitunter große Abweichungen oder Auslassungen im Text.
1782 B. Tutsch, Die Consuetudines Bernhards und Ulrichs, S. 282, Anm. 148. Tutsch weist zudem daraufhin,
dass eine Handschrift aus Corbie »entsprechende Übereinstimmungen mit der vorliegenden Hand-
schrift aufweist.« Hierzu ebd., S. 256-257, Anm. 35; J. P. Gerzaguet, Le necrologe et le coutumier,
S. 177 erkannte für Kapitel 55 {De gravi culpa) eine mögliche Abhängigkeit von den Consuetudines
Ulrichs.
1783 J. P. Gerzaguet, Le necrologe et le coutumier, S. 175-176.
1784 J. P. Gerzaguet, Le necrologe et le coutumier, S. 176; Ders., L’abbaye d’Anchin, S. 125 weist auf eine
Besonderheit hin. So habe der Schreiber das Kapitel über die Circatoren des Klosters mit der Bemer-
kung vir fortissimus Judas kommentiert.
1785 Es handelt sich dabei um folgende Kapitel: (Liturgie) c. 15: Item de majori missa, c. 16: De missa de
Sancto Spiritu, c. 17: Sanctae Mariae, c. 26: De praefationibus, c. 27: De offerenda facienda, c. 36: De
diligentia abluendorum vasorum, c. 47: De benedictionibus in refectorio, c. 60: De cineribus dandis,
c. 68: Terminus matutinalium orationum vel aliarum horarum-, (Disziplin) c. 49: De ebdomadariis
cocquine, c. 67: De licentia exeundi foras. J. P. Gerzaguet, Le necrologe et le coutumier, S. 175-176.
Die Kapitel 15, 16 und 17 lassen sich auf Abt Simon II. (1208-1234) zurückführen. J. P. Gerzaguet,
L’abbaye d’Anchin, S. 125.
1786 J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 125.
 
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