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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0458
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454 | IV. Die Abtei von Anchin

Urkunden aus dem Grafenhaus überliefert sind, von denen zwei Gräfin Clementia
und eine Karl dem Guten zugeschrieben werden können, machen ein mehr als dis-
tanziertes Verhältnis zum flandrischen Grafenhaus deutlich.1813
Fazit
Im Jahr 1110 geriet die Gemeinschaft von Anchin in eine erste schwere Krise. Ein
Konflikt mit den Herren von Oisy und Mons um den weltlichen Besitz der Abtei
führte zu einem innerklösterlichen Konflikt, der letztlich den Rücktritt Abt Ro-
berts zur Folge hatte. Unter seinem Nachfolger Alvisus lassen sich daraufhin Ver-
änderungen fassen, die auf eine correctio der Gemeinschaft hinweisen. Im Innern
wurde die zerrüttete Gemeinschaft durch Alvisus, der sich bereits in Arras bei der
correctio von Saint-Vaast bewährt hatte, wieder zu einem geregelten und gottgefälli-
gen Leben zurückgeführt. Wohl erst unter seiner Führung dürfte die Gemeinschaft
mit dem ordo cluniacensis in Verbindung gekommen sein. Inwieweit er zur Anwen-
dung gekommen war, lässt sich (wie in den meisten Fällen) nicht sagen. Fest steht
allerdings, dass die klostereigene Historiographie vor allem an das strenge Regiment
und das strikte Leben unter Abt Alvisus erinnerte. Im Äußeren gelang es Alvisus
,den Besitz des Klosters zu konsolidieren und gegen die Großen der Gegend zu
verteidigen, wobei ihm vor allem das gute Verhältnis zum Bischof von Cambrai von
Nutzen war. In seiner Amtszeit normalisierte sich zudem das Verhältnis der Abtei
zu ihrem eigentlichen Oberhirten, dem Bischof von Arras.
Der Abbatiat des Alvisus darf im Grunde genommen als ein Beispiel für die
Führung eines besonders fähigen Abtes gesehen werden, der die Gemeinschaft
nicht nur im Innern, sondern auch nach außen hin vorbildlich leitete und ihren
Ruf verbesserte. Die unter Alvisus greifbaren Veränderungen unterscheiden sich
kaum von jenen, die in anderen Klöstern greifbar sind und von den Zeitgenossen als
correctio bezeichnet werden. In Anchin hingegen ist an keiner Stelle die Rede von
einer correctio. Dass der Abbatiat des Alvisus für die Gemeinschaft dennoch von
besonderer Bedeutung war, hebt vor allem die Historia monasterii hervor.

1813 Die Authentizität einer der beiden Urkunden Clementias ist zweifelhaft, J. P. Gerzaguet, Les chartes
de l’abbaye d’Anchin, D 41, S. 137-138.
 
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