| IV. Die Abtei von Anchin
und seine Spiritualität umreißt.1881 Bei einem Großteil dieser Quellen handelt es sich
aber um Werke, die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts nach dem Tod Gos-
suins (f 1166) entstanden sind. Auch die Vita Gosuini prima, die in der Forschung
oft dazu herangezogen wurde, die »Reformbewegung von Anchin« der 1130er bis
1140er Jahre zu fassen, entstand zu Beginn der 1170er Jahre. Obgleich diese Texte
nicht mehr im Untersuchungszeitraum dieser Studie liegen, sollen sie im Folgenden
näher betrachtet werden: Ihre Analyse erlaubt es danach zu fragen, welche Vor-
stellungen die Mönche aus Anchin in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von
correctio und einem gottgefälligen Leben hatten; sie erlaubt eventuell aber auch,
dabei Unterschiede zur ersten Hälfte des Jahrhunderts aufzudecken. Der reiche Bi-
bliotheksbestand, der in der Zeit zwischen Abt Gossuin und Abt Simon I. (f 1201)
entstand, darf schließlich auch als ein wichtiger Überrest betrachtet werden, der die
unterschiedlichen spirituellen und künstlerischen Einflüsse dokumentiert, für die
die Abtei besonders empfänglich war.
6.1. Die Bibliothek und das Skriptorium von Anchin
Die Bibliotheque Marceline Desbordes-Valmore in Douai bewahrt ungefähr
160 Handschriften des 12. und 13. Jahrhunderts auf, die aus Anchin stammen.1882
Davon lassen sich allein 147 Handschriften auf das 12. Jahrhundert datieren.1883 Die
Abtei von Anchin besaß somit bereits zu dieser Zeit eine außerordentlich umfang-
reiche Bibliothek, aber auch ein äußerst produktives und bedeutendes Skriptorium.
Dank einiger einschlägiger Arbeiten sind der Handschriftenbestand und das Skrip-
torium von Anchin inzwischen etwas besser bekannt.1884
Als relativ junge Gründung konnte die Gemeinschaft von Anchin freilich nicht
auf einen über Jahrhunderte angewachsenen Handschriftenbestand zurückgreifen.
Die ersten Bücher müssen daher von außen gekommen sein. Die Fundatio berichtet
allerdings, dass während des Klosterbrands zu Beginn der 1080er Jahre alle Bücher
verbrannt seien.1885 Einen ersten Beleg für ein Skriptorium in Anchin findet sich um
das Jahr 1100. In diese Zeit sind nach Cerny eine Bibel und ein Augustinuskom-
1881 M. Breitenstein, De novitiis instruendis.
1882 Vgl. dazu A. Boutemy, Les relations artistiques, S. 75-76; vgl. zu den Handschriften aus Douai:
C. A. Dehaisnes, Manuscrits de la bibliotheque de Douai.
1883 J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 164.
1884 Zu nennen sind hierbei vor allem die Arbeiten von Andre Boutemy, Enluminures; Ders., Les relations
artistiques; Ders., Similitudes et parentes; Ders., Adaptation d’enluminures, S. 296; P. Cerny, Die ro-
manische Buchmalerei.
1885 Fundatio, S. 582: »sicque victrix flamma circumquaque lambens, libros, habitacula, utensilia, supellec-
tilem omnem cum omni pene substantia consumpsit, preter unum habitaculum, quod solum remansit.«
und seine Spiritualität umreißt.1881 Bei einem Großteil dieser Quellen handelt es sich
aber um Werke, die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts nach dem Tod Gos-
suins (f 1166) entstanden sind. Auch die Vita Gosuini prima, die in der Forschung
oft dazu herangezogen wurde, die »Reformbewegung von Anchin« der 1130er bis
1140er Jahre zu fassen, entstand zu Beginn der 1170er Jahre. Obgleich diese Texte
nicht mehr im Untersuchungszeitraum dieser Studie liegen, sollen sie im Folgenden
näher betrachtet werden: Ihre Analyse erlaubt es danach zu fragen, welche Vor-
stellungen die Mönche aus Anchin in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von
correctio und einem gottgefälligen Leben hatten; sie erlaubt eventuell aber auch,
dabei Unterschiede zur ersten Hälfte des Jahrhunderts aufzudecken. Der reiche Bi-
bliotheksbestand, der in der Zeit zwischen Abt Gossuin und Abt Simon I. (f 1201)
entstand, darf schließlich auch als ein wichtiger Überrest betrachtet werden, der die
unterschiedlichen spirituellen und künstlerischen Einflüsse dokumentiert, für die
die Abtei besonders empfänglich war.
6.1. Die Bibliothek und das Skriptorium von Anchin
Die Bibliotheque Marceline Desbordes-Valmore in Douai bewahrt ungefähr
160 Handschriften des 12. und 13. Jahrhunderts auf, die aus Anchin stammen.1882
Davon lassen sich allein 147 Handschriften auf das 12. Jahrhundert datieren.1883 Die
Abtei von Anchin besaß somit bereits zu dieser Zeit eine außerordentlich umfang-
reiche Bibliothek, aber auch ein äußerst produktives und bedeutendes Skriptorium.
Dank einiger einschlägiger Arbeiten sind der Handschriftenbestand und das Skrip-
torium von Anchin inzwischen etwas besser bekannt.1884
Als relativ junge Gründung konnte die Gemeinschaft von Anchin freilich nicht
auf einen über Jahrhunderte angewachsenen Handschriftenbestand zurückgreifen.
Die ersten Bücher müssen daher von außen gekommen sein. Die Fundatio berichtet
allerdings, dass während des Klosterbrands zu Beginn der 1080er Jahre alle Bücher
verbrannt seien.1885 Einen ersten Beleg für ein Skriptorium in Anchin findet sich um
das Jahr 1100. In diese Zeit sind nach Cerny eine Bibel und ein Augustinuskom-
1881 M. Breitenstein, De novitiis instruendis.
1882 Vgl. dazu A. Boutemy, Les relations artistiques, S. 75-76; vgl. zu den Handschriften aus Douai:
C. A. Dehaisnes, Manuscrits de la bibliotheque de Douai.
1883 J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 164.
1884 Zu nennen sind hierbei vor allem die Arbeiten von Andre Boutemy, Enluminures; Ders., Les relations
artistiques; Ders., Similitudes et parentes; Ders., Adaptation d’enluminures, S. 296; P. Cerny, Die ro-
manische Buchmalerei.
1885 Fundatio, S. 582: »sicque victrix flamma circumquaque lambens, libros, habitacula, utensilia, supellec-
tilem omnem cum omni pene substantia consumpsit, preter unum habitaculum, quod solum remansit.«