7. Die Vita Gosuini prima | 491
Verehrung dieses Papstes birgt, wird auch im rechtlichen Bereich deutlich, wenn
man bedenkt, dass der Gregoriuskult Ausdruck einer besonderen Romnähe war.1979
In Saint-Medard korreliert die Förderung dieses Kultes jedenfalls in auffallender
Weise mit einer 1119 von Papst Calixt II. ausgestellten Bulle, die nach Abbe Delan-
chy als Grundstein für die spätere Exemption der Abtei angesehen werden darf.1980
In Soissons selbst scheint gerade der Gregoriuskult in der Folge zu Spannungen mit
der benachbarten Abtei von Saint-Crepin geführt zu haben.1981
Die correctio von Saint-Remi in Reims steht schließlich wohl in engem Zusam-
menhang mit dem dortigen Abt Odo, der zuvor der Abtei von Saint-Crepin in Sois-
sons vorgestanden hatte und Gossuin persönlich kannte. Da die Vita prima darüber
berichtet, wie Gossuin seinem ehemaligen Rivalen Peter Abaelard in Saint-Medard
begegnete und ihn nun im Mönchtum unterweisen konnte, kann Gossuin die Abtei
nicht vor 1121 verlassen haben.1982 Aus den Gesta abbatum Simons von Saint-Bertin
entnimmt man jedoch, dass die correctio von Saint-Remi wohl bereits 1118 mit der
Wahl Odos von Morigny zum neuen Abt der berühmten Abtei begonnen hat. Nach
Simon war Abt Lambert von Saint-Bertin maßgeblich an dieser Wahl beteiligt. Er
impliziert zudem, dass Mönche aus Sithiu einen wichtigen Anteil an der correctio
des Klosters hatten, die in erster Linie darauf abzielte, das verweltlichte Leben der
dortigen Mönche zu beseitigen. Über das Wirken Gossuins verliert Simon kein
Wort.1983 Neben Simon berichtet auch Hermann von Tournai über die correctio von
1979 Zur Wahl der Patrozinien und der Bindung an Rom vgl. G. Zimmermann, Patrozinienwahl und Fröm-
migkeitswandel.
1980 Abbe Delanchy, Etudes historiques, S. 105-107. Saint-Medard erhielt gegen einen an den Heiligen
Stuhl zu zahlenden Zins das Privileg der Liberias. (S. 105): »Non pas que Saint-Medard aurait ete trans-
fere en propriete ä Saint-Pierre comme Cluny par exemple. Saint-Medard appartient au roi de France
qui l’a fonde et ne pretend point s’en defaire. La demi-livre d’argent qu’il paie chaque annee n’est pas un
eens recognitif de la propriete de Saint-Pierre: eile est simplement le prix et le Symbole d’une franchise
spirituelle.«
1981 Abbe Delanchy, Etudes historiques, S. 117-121 geht ausführlich auf die Verehrung Gregors des Großen
ein. Zu Spannungen mit den Mönchen von Saint-Crepin sei es bei einer Prozession gekommen. Die
Mönche von Saint-Crepin weigerten sich demnach, die Reliquien ihres Heiligen (der Märtyrer Crispi-
nus und Crispinianus) vor denen eines Bekenners (Gregor der Große) zu tragen (Ders., S. 120).
1982 Abaelard wurde nach dem Konzil von Soissons im März oder April 1121 in der Abtei Saint-Medard
eingesperrt. Vgl. J. Miethke, Die Verfahren gegen Abaelard und Gilbert von Poitiers, S. 275-312.
1983 Simon, Gesta abbatum, II, c. 103, S. 656: »Contione itaque facta, apter Lambertus cum caeteris et
cum electis Sithiensium fratribus intererat, ad cuius nutum omnium intentio respiciebat. Qui, divina
procul dubio tactus gratia, Odonem abbatem Sanctorum Crispini et Crispiniani martyrum, virum ad
Omnia sagacem et industrium, eis eligendum insinuavit; hunc namque de Suessionensi civitate Remis
proficiscens secum adduxerat. [...] et tanta instantia ad melioranda quaeque intus et extra accingitur, ut
contra opinionem omnium, multis adversitatibus undique concurrentibus et occurentibus, aecclesiam
sibi commissam propemodum insigniorem cunctis Galliae coenobiis in exteriorum rerum abundantia,
in aedificiorum ad usum hospitum divitum et pauperum eleganti honorificentia, in propositi regularis
fervor redderet et reverentia.«
Verehrung dieses Papstes birgt, wird auch im rechtlichen Bereich deutlich, wenn
man bedenkt, dass der Gregoriuskult Ausdruck einer besonderen Romnähe war.1979
In Saint-Medard korreliert die Förderung dieses Kultes jedenfalls in auffallender
Weise mit einer 1119 von Papst Calixt II. ausgestellten Bulle, die nach Abbe Delan-
chy als Grundstein für die spätere Exemption der Abtei angesehen werden darf.1980
In Soissons selbst scheint gerade der Gregoriuskult in der Folge zu Spannungen mit
der benachbarten Abtei von Saint-Crepin geführt zu haben.1981
Die correctio von Saint-Remi in Reims steht schließlich wohl in engem Zusam-
menhang mit dem dortigen Abt Odo, der zuvor der Abtei von Saint-Crepin in Sois-
sons vorgestanden hatte und Gossuin persönlich kannte. Da die Vita prima darüber
berichtet, wie Gossuin seinem ehemaligen Rivalen Peter Abaelard in Saint-Medard
begegnete und ihn nun im Mönchtum unterweisen konnte, kann Gossuin die Abtei
nicht vor 1121 verlassen haben.1982 Aus den Gesta abbatum Simons von Saint-Bertin
entnimmt man jedoch, dass die correctio von Saint-Remi wohl bereits 1118 mit der
Wahl Odos von Morigny zum neuen Abt der berühmten Abtei begonnen hat. Nach
Simon war Abt Lambert von Saint-Bertin maßgeblich an dieser Wahl beteiligt. Er
impliziert zudem, dass Mönche aus Sithiu einen wichtigen Anteil an der correctio
des Klosters hatten, die in erster Linie darauf abzielte, das verweltlichte Leben der
dortigen Mönche zu beseitigen. Über das Wirken Gossuins verliert Simon kein
Wort.1983 Neben Simon berichtet auch Hermann von Tournai über die correctio von
1979 Zur Wahl der Patrozinien und der Bindung an Rom vgl. G. Zimmermann, Patrozinienwahl und Fröm-
migkeitswandel.
1980 Abbe Delanchy, Etudes historiques, S. 105-107. Saint-Medard erhielt gegen einen an den Heiligen
Stuhl zu zahlenden Zins das Privileg der Liberias. (S. 105): »Non pas que Saint-Medard aurait ete trans-
fere en propriete ä Saint-Pierre comme Cluny par exemple. Saint-Medard appartient au roi de France
qui l’a fonde et ne pretend point s’en defaire. La demi-livre d’argent qu’il paie chaque annee n’est pas un
eens recognitif de la propriete de Saint-Pierre: eile est simplement le prix et le Symbole d’une franchise
spirituelle.«
1981 Abbe Delanchy, Etudes historiques, S. 117-121 geht ausführlich auf die Verehrung Gregors des Großen
ein. Zu Spannungen mit den Mönchen von Saint-Crepin sei es bei einer Prozession gekommen. Die
Mönche von Saint-Crepin weigerten sich demnach, die Reliquien ihres Heiligen (der Märtyrer Crispi-
nus und Crispinianus) vor denen eines Bekenners (Gregor der Große) zu tragen (Ders., S. 120).
1982 Abaelard wurde nach dem Konzil von Soissons im März oder April 1121 in der Abtei Saint-Medard
eingesperrt. Vgl. J. Miethke, Die Verfahren gegen Abaelard und Gilbert von Poitiers, S. 275-312.
1983 Simon, Gesta abbatum, II, c. 103, S. 656: »Contione itaque facta, apter Lambertus cum caeteris et
cum electis Sithiensium fratribus intererat, ad cuius nutum omnium intentio respiciebat. Qui, divina
procul dubio tactus gratia, Odonem abbatem Sanctorum Crispini et Crispiniani martyrum, virum ad
Omnia sagacem et industrium, eis eligendum insinuavit; hunc namque de Suessionensi civitate Remis
proficiscens secum adduxerat. [...] et tanta instantia ad melioranda quaeque intus et extra accingitur, ut
contra opinionem omnium, multis adversitatibus undique concurrentibus et occurentibus, aecclesiam
sibi commissam propemodum insigniorem cunctis Galliae coenobiis in exteriorum rerum abundantia,
in aedificiorum ad usum hospitum divitum et pauperum eleganti honorificentia, in propositi regularis
fervor redderet et reverentia.«