Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung
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biblischen Glauben zu entmythologisieren, um Schwierigkeiten für den modernen
Menschen aus dem Weg zu schaffen. Seine Meinung ist, das ihm bei seiner Entmy-
thologisierung Übrigbleibende des Glaubens, nämlich des Glaubens an das im Neuen
Testament »bezeugte« Heilsgeschehen, sei so zu retten. Seine Entmythologisierung
wird nicht zu Ende geführt, weil durch einen Willkürakt seines Glaubens das Heils-
geschehen kein Mythos sein soll. Im ganzen aber raubt uns diese Entmythologisie-
rung alle Mythenwelt, das heißt das Reich der Chiffern überhaupt, nimmt unserer
Existenz die Sprache der Transzendenz in ihrem ganzen Reichtum und ihrer Viel-
deutigkeit.
Die Aufgabe in der Situation des wissenschaftlich kritischen Denkens einerseits
und des Wissenschaftsaberglaubens andererseits ist vielmehr die Verwandlung aller
leibhaftigen Mythen in Chiffern als Sprache der Transzendenz. Die Reinheit der Tran-
szendenz, unbefleckt von ihrer falschen Realisierung in der Endlichkeit von Raum und
Zeit, wird zum stillen, übermächtigen Umgreifenden, durch das | wir zu uns selbst
kommen. Dann ist das Hören der Sprache der Chiffern nicht Illusion, sondern das Hö-
ren transzendenter Wirklichkeit in vielen Sprachen, die einander bedrängen. Die Chif-
fernwelt ist ein Raum des geistigen Kampfes. In ihr begegnen sich Menschen, die sie
selbst werden. Ihre Kommunikation bleibt in Bewegungen, die in Chiffern sich kund-
geben - dieses selber wieder in der Chiffer von Mächten gesprochen.
Was der Mensch in den Chiffern hört, das führt ihn zu seinem Adel oder seiner
Niedrigkeit. So tief sein Blick in den Grund dringt, so tief wird der Ursprung aus ihm
selbst heraus wirksam.
Je klarer wir in der Welt uns orientieren, die Dinge in ihren Bereichen allgemein-
gültig erkennen und planend machen, um so mehr wird uns das andere heller, wah-
rer, wirksamer, das Andere, das ohne allgemeingültige Wißbarkeit unser Leben zum
Aufschwung im Ernstwerden bringt.
Wir sind endliche, an Sinne gebundene Vernunftwesen. Aus Wahrhaftigkeit müs-
sen wir auf den Besitz der leibhaftigen Realität der transzendenten Wirklichkeit ver-
zichten zugunsten ihrer vieldeutigen Sprache in den Chiffern. Doch müssen wir das
Schwergewicht der Wirklichkeit in den Chiffern bewahren. Denn in deren Erfahrung
geht es um alles, um die Erhellung von Sinn und Ziel unseres Lebens. Der Ernst wird
verläßlicher, wenn er nicht mehr in der Bindung an Leibhaftigkeit sich verkehren kann
zu der täuschenden Sicherheit des Sinnlichen. Der Verzicht, der durch des Menschen
Wahrhaftigkeit erzwungen wird, öffnet ihm seine höchste Möglichkeit.
b. Von der Unmittelbarkeit zum Bewußtsein methodischen Denkens und zum universa-
len methodologischen Bewußtsein
(i) Mit unserem Vorstellen, Denken, Machen, Handeln, Schauen, im Ergreifen, im
Lassen und in der Hingabe wollen wir zugleich wissen, was wir damit tun oder erfahren.
In den Wissenschaften nennen wir die kritische Vergewisserung methodologisch.
In der Philosophie, die alles, was wir sind und sein können und tun, denkend durch-
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biblischen Glauben zu entmythologisieren, um Schwierigkeiten für den modernen
Menschen aus dem Weg zu schaffen. Seine Meinung ist, das ihm bei seiner Entmy-
thologisierung Übrigbleibende des Glaubens, nämlich des Glaubens an das im Neuen
Testament »bezeugte« Heilsgeschehen, sei so zu retten. Seine Entmythologisierung
wird nicht zu Ende geführt, weil durch einen Willkürakt seines Glaubens das Heils-
geschehen kein Mythos sein soll. Im ganzen aber raubt uns diese Entmythologisie-
rung alle Mythenwelt, das heißt das Reich der Chiffern überhaupt, nimmt unserer
Existenz die Sprache der Transzendenz in ihrem ganzen Reichtum und ihrer Viel-
deutigkeit.
Die Aufgabe in der Situation des wissenschaftlich kritischen Denkens einerseits
und des Wissenschaftsaberglaubens andererseits ist vielmehr die Verwandlung aller
leibhaftigen Mythen in Chiffern als Sprache der Transzendenz. Die Reinheit der Tran-
szendenz, unbefleckt von ihrer falschen Realisierung in der Endlichkeit von Raum und
Zeit, wird zum stillen, übermächtigen Umgreifenden, durch das | wir zu uns selbst
kommen. Dann ist das Hören der Sprache der Chiffern nicht Illusion, sondern das Hö-
ren transzendenter Wirklichkeit in vielen Sprachen, die einander bedrängen. Die Chif-
fernwelt ist ein Raum des geistigen Kampfes. In ihr begegnen sich Menschen, die sie
selbst werden. Ihre Kommunikation bleibt in Bewegungen, die in Chiffern sich kund-
geben - dieses selber wieder in der Chiffer von Mächten gesprochen.
Was der Mensch in den Chiffern hört, das führt ihn zu seinem Adel oder seiner
Niedrigkeit. So tief sein Blick in den Grund dringt, so tief wird der Ursprung aus ihm
selbst heraus wirksam.
Je klarer wir in der Welt uns orientieren, die Dinge in ihren Bereichen allgemein-
gültig erkennen und planend machen, um so mehr wird uns das andere heller, wah-
rer, wirksamer, das Andere, das ohne allgemeingültige Wißbarkeit unser Leben zum
Aufschwung im Ernstwerden bringt.
Wir sind endliche, an Sinne gebundene Vernunftwesen. Aus Wahrhaftigkeit müs-
sen wir auf den Besitz der leibhaftigen Realität der transzendenten Wirklichkeit ver-
zichten zugunsten ihrer vieldeutigen Sprache in den Chiffern. Doch müssen wir das
Schwergewicht der Wirklichkeit in den Chiffern bewahren. Denn in deren Erfahrung
geht es um alles, um die Erhellung von Sinn und Ziel unseres Lebens. Der Ernst wird
verläßlicher, wenn er nicht mehr in der Bindung an Leibhaftigkeit sich verkehren kann
zu der täuschenden Sicherheit des Sinnlichen. Der Verzicht, der durch des Menschen
Wahrhaftigkeit erzwungen wird, öffnet ihm seine höchste Möglichkeit.
b. Von der Unmittelbarkeit zum Bewußtsein methodischen Denkens und zum universa-
len methodologischen Bewußtsein
(i) Mit unserem Vorstellen, Denken, Machen, Handeln, Schauen, im Ergreifen, im
Lassen und in der Hingabe wollen wir zugleich wissen, was wir damit tun oder erfahren.
In den Wissenschaften nennen wir die kritische Vergewisserung methodologisch.
In der Philosophie, die alles, was wir sind und sein können und tun, denkend durch-
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