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phen Wesen nicht zutreffen, die in augenscheinlichem Zusammenhang mit Tieren stehen (so unter vielen
anderen die auf Stein 26 angebrachten). Bei ihnen dürfte der Kopfputz wie bei den oben genannten Gra-
vuren (90:13 und 14) mit einer Art von Jagdmagie Zusammenhängen und als die Hörner einer Maske75
oder einer anderen Kopfbedeckung oder einfach als Federn zu deuten sein.76 Ob es sich bei diesen Ge-
stalten aber um maskierte Jäger, Schamanen77 oder vielleicht um hatsächlich’ gehörnte Jagdgottheiten
oder -geister handeln soll, wird sich wohl nie mit Sicherheit sagen lassen.78 Daß allerdings hinter vielen,
wenn nicht hinter den meisten Gravuren gehörnter(?) Wesen ein schamanistischer Kontext zu suchen
ist,79 könnte die sehr ungewöhnliche Ritzung 116:19 belegen, die bei näherer Betrachtung an einen tan-
zenden Schamanen erinnert.80 Die für Schamanen typischen81 Hörner auf dem Kopf könnten eine
Hirschmaske bzw. einen Kopfschmuck mit Geweih82 andeuten. Der große Fleck im Gesicht würde das
Tuch, mit dem die Züge unkenntlich gemacht werden,83 wiedergeben; auch die zwischen den Beinen
dargestellte Schlange(?) würde zu dieser Deutung passen.84 Dem möglichen Einwand, es fehle die 'obli-
gatorische’ Trommel, ließe sich zum einen entgegenhalten, daß im Hinblick auf die große Variationsbrei-
te, die der Schamanismus in den verschiedenen Regionen aufweist,85 die lokale Ausprägung des Schama-
nismus damals möglicherweise keine Trommel kannte oder verwendete86 oder aber, daß - wie dies
heutzutage in der Region des Oberen Indus der Fall ist87 - nicht der Schamane selbst die Trommel
schlug.88
Das auf Schamanengewändern oft dargestellte Skelett89 könnte bei den beiden Figuren 26:39 und 26:44
durch die Querstriche angedeutet sein, wie dies übrigens jetzt recht sicher für den sogenannten 'Skelett-
riesen’ in Oshibat angenommen werden kann. Er hält überdies noch den typischen Stab90 in der Hand

weisen). Die von Jones gegebene Erklärung für diesen Kopfschmuck (ebd.: 348) ist, zumal angesichts dessen, was Xuan-
zang darüber sagt, wohl unzureichend.
75 Zu den bis auf den heutigen Tag für die Steinhuhnjagd verwendeten Masken vgl. JETTMAR 1993a: 33 und BANDINI-KÖ-
MG/Bemmann/Hauptmann 1997: 48 und 49, Abb. 4.
76 Vgl. die Feder-Kopfbedeckungen von Schamanen bei Harva 1938: 506ff., 522f.
77 So SlIKALA 1978: 118; TALLGREN (1933: 179) deutet solche Wesen als “sorcerers or priests”; hierzu auch BLEDNOVA u.a.
1995: LXXXI; vgl. auch die bei Harva (1938: 374, Abb. 44) abgebildeten Menschen, denen in gleicher Weise drei Striche
nach oben vom Kopf abgehen. Sie werden als “mit der Schamanenkopfbedeckung versehene Zauberer” bezeichnet; vgl.
auch ebd.: 517, Abb. 82.
78 Hierzu auch ausführlich JACOBSON 1993: 204ff.
79 So auch SlIKALA 1984: 75.
80 Zu einer ähnlichen Felsbilddarstellung mit gleicher Interpretation vgl. auch OKLADNIKOV 1972: 56f.
81 Vgl. u.a. SMOLJAK 1984: 246ff.; ELIADE 1957: 152, 156f.
82 Vgl. entsprechende Kopfbedeckungen sibirischer Schamanen u.a. bei JOKI 1978: 383, Fig. 5 und 6; NlORADZE 1925: Abb.
33.
83 Vgl. Harva 1938: 256; Eliade 1957: 150.
84 Zu Schlangen als Hilfsgeistern vgl. u.a. ALEKSEEV 1984: 276; Basilow 1995: 324; Eliade 1957: 101, 151f.
85 So benutzen Schamanen in verschiedenen Regionen oft auch unterschiedliche Musikinstrumente (BASILOW 1995: 75ff.).
86 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, daß unter den bei CZAPLICKA (1969: 203) aufgezählten Gegenständen,
die für einen Schamanen “indispensable” sind, die Trommel fehlt (vgl. auch FINDEISEN 1957: 149).
87 Vgl. Friedl 1966: 18, 32 etc.; JETTMAR 1975: 277 und v.a. Snoy 1975: 207 und Abb. 90-100.
88 Anzumerken ist hier vielleicht auch, daß zahlreichen Beobachtungen zufolge manche Schamanen zwar zu Anfang einer Se-
ance trommeln, um ihre Hilfsgeister herbeizurufen, sobald sie aber in Ekstase geraten, die Trommel oder das sonstige In-
strument, das sie benutzen, fallen lassen oder ihrem Gehilfen übergeben (SlIKALA 1978: 233; BASILOW 1995: 159ff., 183,
319 etc.). Im Rahmen einer Seance, von der SUSLOV berichtet, wirft der Schamane seine Trommel auf den Boden und
tanzt auf ihr herum. “Das elastische Fell wirkte wie eine Sprungfeder und warf den Schamanen hoch hinauP (1983: 78).
Schließlich gilt es in diesem Zusammenhang zu bedenken, daß auch auf anderen Darstellungen Schamanen nicht immer
(CLOITES/LEWIS-WILLIAMS 1997: 15) mit ihrer Trommel abgebildet sind (vgl. den bei ZORNICKAJA 1978: Fig. 1 abgebil-
deten Schamanen, der den ‘Vogelflugtanz’ vorführt, wobei seine Trommel am Boden liegt).
89 SlIKALA 1978: 117; Harva 1938: 510f.; Diöszegi 1968: Fig. 52, 56, 57, 61, 62.
90 Hierzu vgl. Basilow 1995: 85ff.; Prokofyeva 1963: Fig. 32.
 
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