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zeit vermuten. Auch andere im mittleren Aufweg gemachte Funde lassen den Beginn der Besiedlung
schon in der 1. H. d. 1. Jt. v. Chr. wahrscheinlich werden. Die Dauer dieser sich in der älteren Bebauung
widerspiegelnden Siedlungsphase läßt sich aufgrund fehlender schriftlicher Überlieferung und der wenigen
aussagekräftigen archäologischen Funde nicht näher eingrenzen. Unter der Keramik sind wenige Beispie-
le feintoniger roter Drehscheibenware, die auch von Thalpan her bekannt ist und der buddhistischen Zeit
zugewiesen werden kann. Die überwiegende Masse der Keramikfragmente stammt von groben handge-
machten Gefäßen, die vor allem im Bereich der jüngeren Anlagen A - C Vorkommen und damit einer
jüngeren Epoche des Mittelalters oder der Neuzeit angehören dürften. Zu welchem Zeitpunkt die Höhen-
siedlung auf dem Kino Kot aufgegeben wurde, läßt sich bisher nicht bestimmen.
Innerhalb der Höhensiedlung sind an mehreren Stellen Felsgravuren erhalten, die den zeitlichen Zusam-
menhang zwischen Kino Kot und der südöstlich von ihr liegenden Felsbildstation Hodar zeigen. Auf die
besondere Bedeutung des mittleren Zugangs weisen Felsbilder hin, die direkt über dem Steilabfall der
linken Felswange des Einschnitts zwischen Felskuppe B und C angebracht sind. Die stark patinierten
Gravuren geben in Strichzeichnung eine Jagdszene wieder. Beim Betreten dieses Zugangs vom Aufweg
her war eine hoch an der Steilwand unterhalb der Anlage C angebrachte Brähml-Inschrift zu sehen, die
einzige in Kino Kot.5 Unterhalb der Nordostecke der Anlage B fand sich auf einer Steinplatte die Dar-
stellung eines Markhor-Gehöms und einer stilisierten männlichen Figur. Im Bereich der Anlage B wurde
auf einem Felsen auf der höchsten Erhebung und im nordwestlichen Zugang je ein Punktkreis festgestellt,
die jedoch stark abgerieben sind (vgl. 12:56).
Die an der Mündung des Hodartales in weithin sichtbarer Lage errichtete Höhensiedlung Kino Kot be-
herrscht nicht nur den Hauptweg entlang des nördlichen Ufers des Indus, sondern kontrolliert auch die
durch das Seitental bis nach Gilgit führende Route. Dem Ort kam aufgrund seiner Sperrforts und Kon-
trollstationen nicht nur eine Rolle als Verkehrsknotenpunkt für durchziehende Karawanen, sondern mög-
licherweise auch als Warenumschlagplatz zu. Die ausgedehnten Anlagen, die von einem zentralen Bau-
komplex auf der höchsten Felskuppe überragt werden, dürften verschiedenen Funktionen gedient haben.
Auf den Felshöhen A und B sind auf den tiefer liegenden Terrassen ausgedehnte Wohnviertel mit tren-
nenden Wegeführungen angelegt worden. Eher offiziellen Charakter weisen die Gebäude E und F auf-
grund ihres großzügigen Raumzuschnitts und ihrer Einrichtung auf. Hingegen läßt sich keine der Hausrui-
nen als Sakralbau deuten. Durch seine Lage auf der schroff zum Tal abfallenden Felsscholle und die
durch Torbauten verschließbaren Zugänge konnte die Höhensiedlung gegenüber einem Gegner leicht ver-
teidigt werden, so daß Kino Kot auch eine besondere strategische Bedeutung besessen haben muß. Auf-
grund einer auf Hashmatullah Khan zurückgehenden Überlieferung stand Hodar zumindest während der
zweiten Periode der Trakhan-Dynastie im 12./13. Jh. in einer direkten Beziehung zum Königtum Gilgit,
so daß dieser Ort vielleicht sogar bereits einen wichtigen Außenposten im Herrschaftsbereich der Patola
Sähis am Oberen Indus dargestellt haben könnte.6

5 Vgl. oben von Hinüber S. 94 (Add. 1).
6 Dani 1989: 169.
 
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