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Diese Merkmale sind ein geöffnetes Maul, zwei Hörner,6 ein langgestreckter, zumeist gewundener
Rumpf (häufig mit eingerolltem Schwanz) und mehrere Beine (in der Regel mit krallenbewehrten
Zehen).7


Abb. 7


Zuweilen fehlen indes die Tatzen, so daß sich - wie bei den Ritzungen in Hodar - der Eindruck eines
schlangenförmigen Körpers8 ergibt: ähnlich den stärker piktographisch geprägten Varianten des Schrift-
zeichens long (“Drache”), die gegen Ende der Shang-Zeit ebenfalls auf die Wiedergabe von Beinen ver-
zichteten (Abb. 4).9 Deutlich zu erkennen ist bei diesen Zeichen hingegen oft jenes Element, das in der
Regel als Horn (bzw. Hörner oder Geweih) gedeutet wird (Abb. 5).10


Abb. 8


Abb. 9

Nur selten wurden die Drachen in China isoliert dargestellt. Zumeist finden sie sich paarweise (bevorzugt
gegenständig oder ineinander verschlungen) angeordnet, wobei es auch zu Kombinationen mit anderen

WUGUAN 1985: 58-70 (Textilien des 4. oder 3. Jh. v. Chr.); ZHOU Dao u.a. 1985: Abb. 92, 106, 142, 156, 157, 185, 186, 231,
241, 242, 262 (Grabziegel der Han-Zeit).
6 Zuweilen könnte es sich allerdings auch um die Wiedergabe von Ohren handeln.
7 Manchen Schriftquellen zufolge ist der Drache ein Mischwesen, dessen Körperteile sich an neun verschiedenen Tieren
ausrichten. Nach Ong Hean-Tatt (1997: 60) sind dies: der Kopf eines Kamels, die Geweihstangen eines Hirsches, die
Augen eines Kaninchens, die Ohren einer Kuh, der Hals einer Schlange, der Rumpf eines Frosches, die Schuppen eines
Karpfens, die Krallen eines Falken und die Sohlen eines Tigers (leicht variiert bei DRAGAN 1993: 4). Verbindliche
Vorgaben für die bildliche Darstellung des Drachens waren diese Elemente - wie auch andere Kombinationen - indes
nicht. Flügel kommen weit seltener vor als im Okzident.
8 BRINKER/GOEPPER 1980: 49 sprechen dann von “Schlangendrachen”.
9 Liu Xinglong 1993: 772-773; Xu Zhongshu 1988: 1259-1261; Zhongguo Kexueyuan Kaogu Yanjiusuo 1965: 458-
459.
10 Die Bedeutung der Hörner für die Identifikation des Drachens geht auch daraus hervor, daß die Schriftquellen “hornlose
Drachen” häufig als Besonderheit ausweisen; vgl. DRAGAN 1993: 4.
 
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