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und beispielsweise in Shatial völlig fehlen. Diese Wesen scheinen für die Deutung von Hodar ebenso
wichtig zu sein wie die erwähnten Scheibengravuren, die hier zu registrieren sind. Schließlich sind auch
die zahlreichen Reiter- und Krieger(?)darstellungen, des weiteren die Zeichnungen von Äxten, die alle
in Shatial entweder überhaupt nicht oder nur in sehr geringer Zahl Vorkommen, ein weiteres Charakteri-
stikum dieser Felsbildstation. Sie sind allerdings auch für andere Felsbildkomplexe typisch. Von Bedeu-
tung ist natürlich auch die Existenz der Höhensiedlung Kino Kot in der Nähe der Station und vor allem
auch die landschaftliche Besonderheit Hodars: das bereits erwähnte Sumpfgelände, das, wie schon die
einheimische Bezeichnung “Sar” (“See”) nahelegt und von R. Schmelzer und H. Volk angenommen wird,
zumindest zeitweise ein See gewesen sein dürfte. Nach Auskunft Einheimischer war dies tatsächlich vor
etwa zehn Jahren zum letzten Mal der Fall, als durch einen Erdrutsch der Wasserabfluß blockiert war.
Für die Deutung eines Felsbildkomplexes ist aber nicht nur von Belang, welche Charakteristika und Su-
jets er aufweist, sondern auch welche im Vergleich mit anderen entsprechenden Stationen derselben geo-
graphischen Region fehlen.
In Hodar fehlen solche Felsbilder, die am Oberen Indus als die ältesten eingestuft werden. Hierzu gehö-
ren vor allem die von Jettmar so genannten ‘subnaturalistischen’ Tiere (vgl. Shatial Stein 119)3 und stark
patinierte Hand- und Fußabdrücke. Außerdem gibt es keine, chinesischen und (mit einer Ausnahme) vor
allem keine sogdischen,4 mittelpersischen, parthischen und (bis auf eine, 48:2) baktrischen Inschriften,
woraus vermutlich geschlossen werden kann, daß sogdische Kaufleute Hodar in der Regel nicht besuch-
ten. Bestätigt wird diese Annahme durch die Beobachtung, daß bei den bildlichen Darstellungen in Ho-
dar auch die in Shatial mit den Sogdiern in Zusammenhang gebrachten Motive wie etwa Zeichnungen
von Köpfen, bestimmte Tamgas, Feueraltäre, Phallos-Gravuren entweder ganz fehlen oder zahlenmäßig
kaum ins Gewicht fallen. Auch gibt es nach von Hinüber nur wenig iranisches Sprachgut in den Inschrif-
ten. Daneben findet sich hier nur eine einzige Kharosthi-Inschrift, die noch dazu nicht näher datierbar
ist.5 Von den Stüpa-Gravuren und den zwei Gefäßen abgesehen, gibt es auch keinerlei buddhistische
Zeichnungen wie Buddha- oder Bodhisattva-Darstellungen, Jätakas oder sicher als pädukäs zu bezeich-
nende Fußabdrücke. Ebensowenig gibt es eindeutig sivaitische6 oder überhaupt hinduistische Gravuren
wie beispielsweise Darstellungen von Siva oder anderen hinduistischen Gottheiten und Phallos-Altären.
Ganz allgemein ist das Fehlen von künstlerisch herausragenden und/oder gemeißelten Gravuren zu be-
merken, wie sie in den Stationen Chilas und Thalpan Vorkommen.
Die Felsbilder von Hodar vermitteln trotz der Krieger- und Axtdarstellungen alles in allem den Eindruck
einer friedlichen Welt. Die wenigen absichtlichen Tilgungen betreffen fast ausschließlich einzelne aksaras
von Inschriften und könnten auf Verschreibungen zurückzuführen sein. Es sind auch keine Überlagerun-
gen von Gravuren zu beobachten, die von der massiven Opposition einer religiösen oder politischen Ge-
meinschaft gegen eine andere zeugen würden, wie dies in einigen anderen Felsbildkomplexen zu sehen
ist. So sind beispielsweise die Scheiben nicht wie etwa in Thalpan bewußt über Stüpas gezeichnet, son-
dern dem Anschein nach im wesentlichen für sich gesondert auf Steine im nordwestlichsten Teil der Stati-
on, der dem Kino Kot am nächsten liegt. Die zahlreichen Überlagerungen von Ritzungen, die bei man-
3 Fussman/KÖNIG 1997: Tafel Xb.
4 Und das, obwohl in den nicht weit davon entfernten Stationen Thor-Nord (flußabwärts) und Dadam Das (flußaufwärts)
zahlreiche sogdische Inschriften zu finden sind.
5 Vgl. Fussmans Kommentar zu Inschrift 70:3.
6 Obwohl DaN! (1983: 204) zahlreiche “Stüpas” in Hodar als sivaitische Tempel deutet.
 
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