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chen Steinen zu registrieren sind, scheinen vielmehr mit dem oft und im übrigen auch in anderen Fels-
bildprovinzen zu beobachtenden und rational schwer nachvollziehbaren Phänomen zu begründen sein,
daß dort, wo einmal Gravuren sind, im Laufe der Zeit immer wieder neue hinzugefügt werden. Und da
manche Steine sicher über viele Jahrhunderte wenn nicht gar Jahrtausende hinweg in dieser Weise ge-
nutzt wurden, waren die jeweils älteren Gravuren, wenn neue angebracht wurden, vielleicht teilweise
kaum noch auszumachen. So dürfte beispielsweise der Hersteller der Löwenzeichnung 94:1 die Darstel-
lung des Riesen 94:2 überhaupt nicht gesehen haben, als er sie mit seiner Gravur überpickte. Lediglich
zwei Szenen (26:L; 65 :A) könnten tatsächlich eine Konfliktsituation zum Ausdruck bringen, da bei beiden
ein Krieger mit Schwert und Schild in den erhobenen Händen in der Nähe eines Lxiwen steht. Doch ist
eine entsprechende Deutung nicht sicher (-* Abschnitt 2.11).
Einige wenige Gruppen, wie etwa 35 :D und 40: A, könnten so gedeutet werden, daß neue religiöse Strö-
mungen gegen den Buddhismus gerichtet waren, doch sind solche Beispiele die Ausnahme und die Inter-
pretation kann daher nicht als gesichert gelten.
Wesentlich für eine Einschätzung der Felsbilder ist ihr Alter. Die geringe Anzahl an Inschriften in Hodar
bedingt, daß nur wenige Zeichnungen im Vergleich mit deren Patinierung oder aufgrund augenscheinli-
chen Zusammenhanges zeitlich eingeordnet werden können. Daher bleiben als Datierungskriterium zum
einen, wenn möglich, stilistische Merkmale, zum anderen Überlagerungen und schließlich der Grad der
Repatinierung einer Ritzung. Von den 1.900 Gravuren können etwa 50 als stark patiniert eingestuft wer-
den, ungefähr 200 sind stärker als durchschnittlich patiniert, und nur knapp 40 Ritzungen sind leicht pati-
niert. Damit sind etwa drei Viertel aller Petroglyphen in Hodar als “mittel” patiniert zu bezeichnen. Al-
lerdings zeigt sich gerade an den Gravuren von Hodar, wie unsicher und unzuverlässig die altersmäßige
Beurteilung einer Gravur nach der Ausprägung ihrer Patina ist und welche Probleme es mit sich bringt,
sich auf diesen Augenschein zu berufen. Bei der Beurteilung, ob eine Gravur “stark”, “mittel” oder
“leicht” repatiniert ist, müßten nämlich theoretisch eine ganze Reihe von Kriterien berücksichtigt werden,
von denen die meisten im Feld aber aus rein praktischen Gründen im allgemeinen nicht untersucht wer-
den können.
Hierbei ist zunächst einmal die Ausrichtung der Gravur zu nennen.7 Zeigt sie nach Norden und ist sie
daher also praktisch keiner Sonneneinstrahlung ausgesetzt, vollzieht sich der Prozeß der Patinabildung
ungleich langsamer, als wenn die Zeichnung nach Süden zeigt. Beachtet werden müßte daneben aber
auch die Dauer der Sonneneinstrahlung. So kann eine Ritzung zwar nach Süden ausgerichtet sein, aber
von einem höheren benachbarten Felsblock den größten Teil des Tages beschattet werden. Nach Schmel-
zer und Volk begünstigen “intensive Sonneneinstrahlung v.a. bei südexponierten Oberflächen die Ausbil-
dung von braunen bis schwarzen manganreichen Krusten, bei annähernd pH-neutralem Milieu. Feuchtere
Stellen, Schattenseiten und Gesteinsunterseiten weisen häufig alkalisches Milieu auf. Sie zeigen - wenn
überhaupt - eher orangefarbene, eisenreiche Patinierungen.”8 Als nächstes spielt eine wesentliche Rolle,
wie tief die Zeichnung jeweils eingepickt ist. Es versteht sich von selbst, daß diese Untersuchung bei der
Aufnahme von Tausenden von Felsbildern pro Feldkampagne unmöglich für jede einzelne Gravur durch-
geführt werden kann.
Wesentlich ist weiterhin die spezifische Oberflächenbeschaffenheit des jeweiligen Steines. “Verwitterungs-
anfälligkeit und -form des Gesteins bestimmen bei ungestörtem Ablauf den Zyklus der Patinierung und
7 So auch Jettmar 1989: XVI.
8 Schriftliche Mitteilung.
 
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