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Repatinierung einer Oberfläche. Tiefengesteine, wie sie im Raum um Chilas Vorkommen, verwittern
durch zwiebelartiges Abschalen, die Desquamation. Patinierungen, die sich auf solchen Gesteinen gebil-
det haben, werden durch den natürlichen Verwitterungsprozeß des Gesteins mit abgeschalt. Die Patinie-
rung setzt dann an der Abbruchstelle neu an. Ist die Gesteinsoberfläche glatt, bilden sich in der Regel
dünne Patinierungen aus, bei rauher Gesteinsoberfläche dickere. Feinpartikel, die sich in der Luft befin-
den und einen Großteil der Patina ausmachen, können besser auf rauhen als auf glatten Oberflächen haf-
ten. Demnach ist zunächst auf rauhen Oberflächen die Patinierung schneller, solange bis durch die Kru-
stenbildung selbst eine Glättung der Oberfläche erfolgt ist.”9
Darüber hinaus geschieht es gerade in der Region des Oberen Indus nicht selten, daß Steine oder Ober-
flächen von Steinen z.B. infolge von Verschüttungen oder Sandstürmen längere Zeit im Erdreich begra-
ben liegen. In solchen Fällen kommt der Prozeß der Repatinierung von Ritzungen nicht nur zum Still-
stand, er wird geradezu rückgängig gemacht.10 Auch schlichte Verlagerungen sind bei kleineren Fels-
blöcken keine Ausnahme und wirken sich auf die Bildung der Patina der jeweiligen Gravuren entspre-
chend aus. Zu berücksichtigen wäre außerdem eine zeitweilige Überflutung der Steine durch Hochwasser
des Indus, ein Faktor, der gerade bei den Steinen von Hodar eine Rolle spielen könnte. Je nach Dauer
der Überschwemmung verfärbt sich die Patina der betroffenen Steine auf eine bestimmte Weise. Schließ-
lich sind hier auch Klimaschwankungen zu erwähnen, wobei anzumerken ist, daß sicher eine Reihe weite-
rer Kriterien zu beachten wären,11 wie insbesondere, daß “die Ausbildung einer Patina durch mechani-
sche Einwirkungen wie Windschliff oder Gletscherschliff ge- oder zerstört werden kann.”12 Sandstürme
sind in der Region des Oberen Indus an der Tagesordnung, und auch weniger starker Wind führt stets
Sand mit sich. “Steine, die in einem Windkanal liegen, sind besonders stark der Abrasion ausgesetzt.”13
Die letztgenannten Punkte sind bislang praktisch nicht zu überprüfen. Niemand weiß, ob ein bestimmter
Felsblock hundert, fünfhundert oder gar tausend Jahre lang im Sand vergraben lag, weshalb auf ihm an-
gebrachte prähistorische Tiergravuren nur leicht patiniert sind. Ebensowenig läßt sich ohne entsprechende
exakte Untersuchungen sagen, wie sich die Tiefe der Pickung in Verbindung mit der Dauer der Sonnen-
einstrahlung - selbst vorausgesetzt, diese beiden Faktoren wären bekannt - auf die Bildung und das Aus-
sehen der Patina auswirken. Gleichfalls nicht erforscht ist, um wieviel schneller eine nach Süden ausge-
richtete Zeichnung patiniert wird als eine nach Norden ausgerichtete und wie schnell oder langsam der
Patinierungsprozeß vonstatten geht, wenn die nach Süden ausgerichtete Ritzung mehrere Stunden am Tag
beschattet oder von sandhaltigem Wind bestrichen wird. Bis auf eine einzige Arbeit, bei der die Region
des Oberen Indus am Rande behandelt wird, gibt es m.W. bislang keine Patina-Untersuchungen aus die-
ser Gegend.14
Aus dem Gesagten folgt, daß der nach dem Augenschein bestimmte Grad der Patinierung als eine sehr
unzuverlässige Basis für Datierungsangaben betrachtet werden muß. So ermöglichen, von Inschriften ein-
mal abgesehen, vorerst lediglich solche Zeichnungen, bei denen die Stärke der Patina mit stilistischen
Kriterien übereinstimmt, sowie Überlagerungen von Ritzungen verhältnismäßig sichere Anhaltspunkte für
eine chronologische Einordnung der Felsbilder.
9 Schmelzer/Völk, schriftliche Mitteilung.
10 Mündliche Auskunft von Völk/Bemmann.
11 Vgl. hierzu auch ANATI 1981: 21.
12 Schmelzer/Völk, schriftliche Mitteilung.
13 Ebd.
14 Die einzige entsprechende Arbeit, die sich am Rande mit der Region des Oberen Indus befaßt, ist WHALLEY 1983. Ledig-
lich in einer Bildunterschrift geht KUHLE (1997: 234, Photo 123) auf die Patina und deren Datierung in Bezug auf Felsen
am Oberen Indus ein.
 
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