Stellenkommentar WA Nachschrift, KSA 6, S. 41-42 167
de moyen ordre. Sauf dans sa premiere jeunesse, il n'etait pas bon. II ne savait
pas pardonner. Ses rancunes etaient terribles." (Faguet 1887, 156 f. „Nichts
wäre einfacher für den Historiker und nichts würde ihm angenehmer sein,
mit der idealen, von Hugo in all seinen Werken von ihm selbst geschriebenen
Biographie, mit den Verfolgungen durch die Zensur vor und nach 1830, mit
seiner strengen und noblen Haltung gegenüber Karl X., mit seiner Rolle des
aufgeklärten Beschützers der Julimonarchie, mit seinem Exil, seinem Märtyrer-
tum für das Recht unter dem Kaiserreich, seinen Aufrufen zu Milde und seinem
Mitgefühl gegenüber den seit 1870 Besiegten /157/, als aus Hugo eine Persön-
lichkeit wie von Plutarch zu konstruieren, einer Art Agrippa d'Aubigne
gemischt mit Marc Aurel, stoisch, unzähmbar, großzügig und weich, der nicht
müde wird, ganz in seiner Aufgabe aufzugehen, bloß um ganz von Güte erfüllt
zu sein. Diese romanhaften Portraits sind eine Verlockung für die Feder. [...]
Sie gefallen jedem. Aber es ist wahrscheinlich, dass man von uns die Wahrheit
verlangt. / Die Wahrheit ist, dass Victor Hugo ein gewöhnlicher Charakter von
mittelmäßigem Rang war. Außer in seiner ersten Jugend war er nicht gut. Er
konnte nicht verzeihen. Seine Ränke waren fürchterlich.").
42, 8 f. in rebus musicis et musicantibus] Lateinisch: „in musischen und musi-
kalischen Belangen".
42, 12 f. den frechen Dilettantismus] Der Dilettantismus-Vorwurf, den N. auch
in NL 1874, KSA 7, 32[15], 759, 28 erwägt, geht auf Felix Mendelssohn zurück
und auf Wagners ironische Selbsteinschätzung (vgl. Wagner 1871-1873, 5, 152 =
Wagner 1907, 5, 117). N. hatte ihn bereits im Anschluss an die Lektüre von
Jahns Gesammelten Aufsätzen über Musile in seinem Brief an Rohde vom 08. 10.
1868 diskutiert: „Ich gebe ihm [sc. Jahn] trotzdem vielfach Recht, insbesondre
darin, daß er Wagner für den Repräsentanten eines modernen, alle Kunstinte-
ressen in sich aufsaugenden und verdauenden Dilettantismus hält" (KSB 2,
Nr. 591, S. 322, Z. 38-41; vgl. dazu Jahn 1866b, 72: „Wagner mit seinem vielseiti-
gen Talent für Poesie, Musik, bildende Kunst, soweit sie bei dem scenischen
Arrangement in Betracht kommt, und dialektisirende Kritik ist ein Repräsen-
tant des auf unserer heutigen Bildung ruhenden Dilettantismus"). Zahlreiche
Belegstellen zum Dilettantismus-Verdacht gegen Wagner, u. a. auch von
Eduard Hanslick, führt Tappert in seinem Wagner-Lexicon an (Tappert 1877, 8-
10).
42, 13 (- die Formel dafür steht in den Meistersingern)] In NL 1888, KSA 13,
15[96], 463, 12-14 gelten Wagners Meistersinger immerhin noch als die „dritt-
beste" moderne Oper (nach Köselitz' Löwe von Venedig und Bizets Carmen),
nämlich als „ein Meisterstück des Dilettantismus in der Musik". Näheres ist
NL 1888, KSA 13, 16[65], 507, 10-12 zu entnehmen: „Die Meistersinger verherrli-
de moyen ordre. Sauf dans sa premiere jeunesse, il n'etait pas bon. II ne savait
pas pardonner. Ses rancunes etaient terribles." (Faguet 1887, 156 f. „Nichts
wäre einfacher für den Historiker und nichts würde ihm angenehmer sein,
mit der idealen, von Hugo in all seinen Werken von ihm selbst geschriebenen
Biographie, mit den Verfolgungen durch die Zensur vor und nach 1830, mit
seiner strengen und noblen Haltung gegenüber Karl X., mit seiner Rolle des
aufgeklärten Beschützers der Julimonarchie, mit seinem Exil, seinem Märtyrer-
tum für das Recht unter dem Kaiserreich, seinen Aufrufen zu Milde und seinem
Mitgefühl gegenüber den seit 1870 Besiegten /157/, als aus Hugo eine Persön-
lichkeit wie von Plutarch zu konstruieren, einer Art Agrippa d'Aubigne
gemischt mit Marc Aurel, stoisch, unzähmbar, großzügig und weich, der nicht
müde wird, ganz in seiner Aufgabe aufzugehen, bloß um ganz von Güte erfüllt
zu sein. Diese romanhaften Portraits sind eine Verlockung für die Feder. [...]
Sie gefallen jedem. Aber es ist wahrscheinlich, dass man von uns die Wahrheit
verlangt. / Die Wahrheit ist, dass Victor Hugo ein gewöhnlicher Charakter von
mittelmäßigem Rang war. Außer in seiner ersten Jugend war er nicht gut. Er
konnte nicht verzeihen. Seine Ränke waren fürchterlich.").
42, 8 f. in rebus musicis et musicantibus] Lateinisch: „in musischen und musi-
kalischen Belangen".
42, 12 f. den frechen Dilettantismus] Der Dilettantismus-Vorwurf, den N. auch
in NL 1874, KSA 7, 32[15], 759, 28 erwägt, geht auf Felix Mendelssohn zurück
und auf Wagners ironische Selbsteinschätzung (vgl. Wagner 1871-1873, 5, 152 =
Wagner 1907, 5, 117). N. hatte ihn bereits im Anschluss an die Lektüre von
Jahns Gesammelten Aufsätzen über Musile in seinem Brief an Rohde vom 08. 10.
1868 diskutiert: „Ich gebe ihm [sc. Jahn] trotzdem vielfach Recht, insbesondre
darin, daß er Wagner für den Repräsentanten eines modernen, alle Kunstinte-
ressen in sich aufsaugenden und verdauenden Dilettantismus hält" (KSB 2,
Nr. 591, S. 322, Z. 38-41; vgl. dazu Jahn 1866b, 72: „Wagner mit seinem vielseiti-
gen Talent für Poesie, Musik, bildende Kunst, soweit sie bei dem scenischen
Arrangement in Betracht kommt, und dialektisirende Kritik ist ein Repräsen-
tant des auf unserer heutigen Bildung ruhenden Dilettantismus"). Zahlreiche
Belegstellen zum Dilettantismus-Verdacht gegen Wagner, u. a. auch von
Eduard Hanslick, führt Tappert in seinem Wagner-Lexicon an (Tappert 1877, 8-
10).
42, 13 (- die Formel dafür steht in den Meistersingern)] In NL 1888, KSA 13,
15[96], 463, 12-14 gelten Wagners Meistersinger immerhin noch als die „dritt-
beste" moderne Oper (nach Köselitz' Löwe von Venedig und Bizets Carmen),
nämlich als „ein Meisterstück des Dilettantismus in der Musik". Näheres ist
NL 1888, KSA 13, 16[65], 507, 10-12 zu entnehmen: „Die Meistersinger verherrli-