230 Götzen-Dämmerung
KSA 14, 412 nennt als Parallelstelle zu 60, 2 f. eine Notiz aus NL 1887/88,
KSA 13, 11[296], 117, 15 f. (KGW IX 7, W II 3, 84, 18): „man hat von Zeit zu Zeit
das Bedürfniß d'un encanaillement de l'esprit". Dabei handelt es sich um ein
Exzerpt aus Goncourt 1887, 1, 392 (3. November 1861): „Apres diner, Claudin
m'emmene aux D..a..äääääää-C..a.ää. J'ai travaille toute cette semaine. J'ai
besoin, je ne sais pourquoi, de respirer l'air d'un bouibouis. On a de temps en
temps besoin d'un encanaillement de l'esprit..." („Nach dem Essen nimmt
mich Claudin zu den KOMISCHEN ERHOLUNGEN mit. Ich habe die ganze
Woche gearbeitet. Ich weiß nicht weshalb, aber ich muss die Luft eines zwie-
lichtigen Lokals atmen. Von Zeit zu Zeit hat jeder ein Ordinär-Werden des Geis-
tes nötig.").
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60, 5 f. Wie? ist der Mensch nur ein Fehlgriff Gottes? Oder Gott nur ein Fehlgriff
des Menschen?] Vgl. AC 48, KSA 6, 226 f. und NL 1887, KSA 12, 9[72], 373 f.
(KGW IX 6, W II 1, 89, 30-42-90, 2-48; nach Julius Wellhausen 1883, 316-321,
vgl. Sommer 2000a, 458-470), wo die Schöpfungsgeschichte der Genesis als
mehrfaches Fehlgreifen Gottes nacherzählt wird. 60, 5 f. akzentuiert das religi-
onskritische Theorem (z. B. bei Ludwig Feuerbach), wonach Gott nur eine Pro-
jektion, ein Produkt des Menschen sei, mit der Frage, ob diese Produktion
Gottes nicht misslungen sei. Der Aphorismus hält eine prekäre Balance zwi-
schen der Kritik an Gott und der Kritik am Menschen, vermeidet aber die Par-
teinahme für einen doktrinären Atheismus. Die Vorstufen in Heft W II 3, 184
und W II 7, 154 haben nach „Oder Gott nur ein Fehlgriff des Menschen?" noch
hinzugefügt: „Man muß sich entscheiden..." (zitiert nach KGW IX 7, W II 3, 184,
30-32, vgl. KSA 14, 412).
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60, 8 f. Aus der Kriegsschule des Lebens. — Was mich nicht umbringt,
macht mich stärker.] Dass das Leben ein Kriegführen sei, ist ein alter, insbeson-
dere stoischer Topos, vgl. z. B. Seneca: Ad Lucilium epistulae morales XVI 96,
5: „vivere, Lucili, militare est" („Leben, Lucilius, ist Kriegführen").
In NL 1888, KSA 13, 15[118], 478, 22 f. war die Stoßrichtung des in 60,
8 f. formulierten Gedankens noch exzpliziter: „Was uns nicht umbringt — das
bringen wir um, das macht uns stärker. Il faut tuer le Wagnerisme." Der Aus-
KSA 14, 412 nennt als Parallelstelle zu 60, 2 f. eine Notiz aus NL 1887/88,
KSA 13, 11[296], 117, 15 f. (KGW IX 7, W II 3, 84, 18): „man hat von Zeit zu Zeit
das Bedürfniß d'un encanaillement de l'esprit". Dabei handelt es sich um ein
Exzerpt aus Goncourt 1887, 1, 392 (3. November 1861): „Apres diner, Claudin
m'emmene aux D..a..äääääää-C..a.ää. J'ai travaille toute cette semaine. J'ai
besoin, je ne sais pourquoi, de respirer l'air d'un bouibouis. On a de temps en
temps besoin d'un encanaillement de l'esprit..." („Nach dem Essen nimmt
mich Claudin zu den KOMISCHEN ERHOLUNGEN mit. Ich habe die ganze
Woche gearbeitet. Ich weiß nicht weshalb, aber ich muss die Luft eines zwie-
lichtigen Lokals atmen. Von Zeit zu Zeit hat jeder ein Ordinär-Werden des Geis-
tes nötig.").
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60, 5 f. Wie? ist der Mensch nur ein Fehlgriff Gottes? Oder Gott nur ein Fehlgriff
des Menschen?] Vgl. AC 48, KSA 6, 226 f. und NL 1887, KSA 12, 9[72], 373 f.
(KGW IX 6, W II 1, 89, 30-42-90, 2-48; nach Julius Wellhausen 1883, 316-321,
vgl. Sommer 2000a, 458-470), wo die Schöpfungsgeschichte der Genesis als
mehrfaches Fehlgreifen Gottes nacherzählt wird. 60, 5 f. akzentuiert das religi-
onskritische Theorem (z. B. bei Ludwig Feuerbach), wonach Gott nur eine Pro-
jektion, ein Produkt des Menschen sei, mit der Frage, ob diese Produktion
Gottes nicht misslungen sei. Der Aphorismus hält eine prekäre Balance zwi-
schen der Kritik an Gott und der Kritik am Menschen, vermeidet aber die Par-
teinahme für einen doktrinären Atheismus. Die Vorstufen in Heft W II 3, 184
und W II 7, 154 haben nach „Oder Gott nur ein Fehlgriff des Menschen?" noch
hinzugefügt: „Man muß sich entscheiden..." (zitiert nach KGW IX 7, W II 3, 184,
30-32, vgl. KSA 14, 412).
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60, 8 f. Aus der Kriegsschule des Lebens. — Was mich nicht umbringt,
macht mich stärker.] Dass das Leben ein Kriegführen sei, ist ein alter, insbeson-
dere stoischer Topos, vgl. z. B. Seneca: Ad Lucilium epistulae morales XVI 96,
5: „vivere, Lucili, militare est" („Leben, Lucilius, ist Kriegführen").
In NL 1888, KSA 13, 15[118], 478, 22 f. war die Stoßrichtung des in 60,
8 f. formulierten Gedankens noch exzpliziter: „Was uns nicht umbringt — das
bringen wir um, das macht uns stärker. Il faut tuer le Wagnerisme." Der Aus-