346 Götzen-Dämmerung
guten Gesundheit ihrer Eingeweide hängt? Wer weiß, ob nicht die Apathie so
vieler anderer ein Produkt von erkrankten oder schmerzenden Eingeweiden
ist?").
Es handelt sich bei der zitierten Stelle um eine Erläuterung zu den von N.
ebenfalls markierten Erwägungen im Hauptteil zur Besonderheit des Schmer-
zes beim Sympathikus, der in einem unbestimmten, lähmenden Unbehagen
besteht (vgl. ebd., 38). Nach Richet 1884, 39 sind Schmerzen starke Nervenrei-
zungen, die das Individuum zu einer Verhaltensänderung veranlassen sollen
(vgl. ebd., 39; über imaginäre und moralische Schmerzen spricht Richet ebd.,
474 f.). N. dienen die physiologischen Erkenntnisse Richets, die er in seinen
Notizen verarbeitet hatte, schließlich nur noch zur vermeintlich fachwissen-
schaftlichen Untermauerung seiner These vom Irrtum der imaginären Ursa-
chen (von der sich körperlich manifestierenden Macht der Imagination handelt
Richet z. B. ebd., 481). Eine ähnliche Adaption der Richet-Lektürenotizen findet
in AC 15 statt, vgl. NK KSA 6, 181, 20-23 (dort wird auch eine zeitgenössische
Funktionsbestimmung des Sympathikus zitiert). Schon in früheren Werken hat
sich N. Richets bedient, vgl. Orsucci 2002. Als „Neurosen des Sympathicus"
werden in dem von N. benutzten Compendium der praktischen Medicin u. a.
Migräne, Angina pectoris, Basedowsche Krankheit sowie Kolik beschrieben
(Kunze 1881, 71-77, vgl. zur Funktionsweise des Sympathikus auch Bock 1870,
119-121).
92, 31-33 So entsteht eine Gewöhnung an eine bestimmte Ursachen-Inter-
pretation, die in Wahrheit eine Erforschung der Ursache hemmt und selbst
ausschliesst.] Damit führt N. die Überlegung David Humes weiter, wonach wir
durch Gewöhnung Kausalverhältnisse anzunehmen begonnen hätten, vgl. NL
1885/86, KSA 12, 2[83], 102, 15-19 (KGW IX 5, W I 8, 131, 10-16): „Von einem
,Sinn der causa efficiens' haben wir nichts: hier hat Hume Recht, die
Gewohnheit (aber nicht nur die des Individuums!) läßt uns erwarten, daß
ein gewisser oft beobachteter Vorgang auf den andern folgt: weiter nichts!"
(Vgl. auch schon NL 1885, KSA 11, 34[82], 445, 6 f. = KGW IX 1, N VII 1, 143,
28f.). Den Zusammenhang von Übung und Gewöhnung behandelt in entwick-
lungsphysiologischer Perspektive ausführlich Kröner 1887, 145-156, freilich mit
dem Akzent auf die Verarbeitung physischer Reize. Zu N. und Hume in syste-
matischer Perspektivierung siehe Kail 2009.
5
93, 2-4 Etwas Unbekanntes auf etwas Bekanntes zurückführen, erleichtert,
beruhigt, befriedigt, giebt ausserdem ein Gefühl von Macht.] Vgl. z. B. Guyau
guten Gesundheit ihrer Eingeweide hängt? Wer weiß, ob nicht die Apathie so
vieler anderer ein Produkt von erkrankten oder schmerzenden Eingeweiden
ist?").
Es handelt sich bei der zitierten Stelle um eine Erläuterung zu den von N.
ebenfalls markierten Erwägungen im Hauptteil zur Besonderheit des Schmer-
zes beim Sympathikus, der in einem unbestimmten, lähmenden Unbehagen
besteht (vgl. ebd., 38). Nach Richet 1884, 39 sind Schmerzen starke Nervenrei-
zungen, die das Individuum zu einer Verhaltensänderung veranlassen sollen
(vgl. ebd., 39; über imaginäre und moralische Schmerzen spricht Richet ebd.,
474 f.). N. dienen die physiologischen Erkenntnisse Richets, die er in seinen
Notizen verarbeitet hatte, schließlich nur noch zur vermeintlich fachwissen-
schaftlichen Untermauerung seiner These vom Irrtum der imaginären Ursa-
chen (von der sich körperlich manifestierenden Macht der Imagination handelt
Richet z. B. ebd., 481). Eine ähnliche Adaption der Richet-Lektürenotizen findet
in AC 15 statt, vgl. NK KSA 6, 181, 20-23 (dort wird auch eine zeitgenössische
Funktionsbestimmung des Sympathikus zitiert). Schon in früheren Werken hat
sich N. Richets bedient, vgl. Orsucci 2002. Als „Neurosen des Sympathicus"
werden in dem von N. benutzten Compendium der praktischen Medicin u. a.
Migräne, Angina pectoris, Basedowsche Krankheit sowie Kolik beschrieben
(Kunze 1881, 71-77, vgl. zur Funktionsweise des Sympathikus auch Bock 1870,
119-121).
92, 31-33 So entsteht eine Gewöhnung an eine bestimmte Ursachen-Inter-
pretation, die in Wahrheit eine Erforschung der Ursache hemmt und selbst
ausschliesst.] Damit führt N. die Überlegung David Humes weiter, wonach wir
durch Gewöhnung Kausalverhältnisse anzunehmen begonnen hätten, vgl. NL
1885/86, KSA 12, 2[83], 102, 15-19 (KGW IX 5, W I 8, 131, 10-16): „Von einem
,Sinn der causa efficiens' haben wir nichts: hier hat Hume Recht, die
Gewohnheit (aber nicht nur die des Individuums!) läßt uns erwarten, daß
ein gewisser oft beobachteter Vorgang auf den andern folgt: weiter nichts!"
(Vgl. auch schon NL 1885, KSA 11, 34[82], 445, 6 f. = KGW IX 1, N VII 1, 143,
28f.). Den Zusammenhang von Übung und Gewöhnung behandelt in entwick-
lungsphysiologischer Perspektive ausführlich Kröner 1887, 145-156, freilich mit
dem Akzent auf die Verarbeitung physischer Reize. Zu N. und Hume in syste-
matischer Perspektivierung siehe Kail 2009.
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93, 2-4 Etwas Unbekanntes auf etwas Bekanntes zurückführen, erleichtert,
beruhigt, befriedigt, giebt ausserdem ein Gefühl von Macht.] Vgl. z. B. Guyau