350 Götzen-Dämmerung
94, 28-30 der glückliche Ausgang einer Unternehmung schafft einem Hypo-
chonder oder einem Pascal durchaus keine angenehmen Allgemeingefühle] N.
hat sich schon früh für Blaise Pascal interessiert und ihn gelesen, vgl. NK KSA
6, 171, 30-34 und Vivarelli 1998. 1887/88 hat N. sich mit der Lektüre von Ferdi-
nand Brunetieres Pascal-Literaturbericht (Brunetiere 1887, 29-62) auf den
Stand der Forschung gebracht. Im Anschluss an Alexandre Vinet bestimmt
Brunetiere (ebd., 50-53) den Kern von Pascals Denken als Pessimismus, der
sich mit keinem irdischen Glück bescheiden kann. „Si la vie est mauvaise, et-
elle l'est, puisqu'elle ne peut contenter ni notre desir de bonheur, ni notre soif
de science, ni notre reve de vertu, cependant nous ne pouvons pas en accuser
l'auteur meme de la vie, puisque cet auteur, s'il existe, ne peut rien avoir fait
que de bon. Que reste-t-il donc, sinon de nous en accuser nous-meme?" (Ebd.,
53; Kursiviertes von N. unterstrichen und am rechten Rand markiert sowie mit
der Bemerkung glossiert: „vg[l.] Rous[seau]". „Wenn das Leben schlecht ist
und das ist es, denn es kann weder unseren Wunsch nach Glück, noch unseren
Durst nach Wissen, oder unseren Traum von Tugend befriedigen, können wir
dafür dennoch nicht den Urheber des Lebens verantwortlich machen, denn
dieser Urheber, sofern er existiert, kann nichts als das Gute gemacht haben.
Was bleibt also, außer uns selbst dafür anzuklagen?") N. hat sich die einschlä-
gigen Stellen nicht nur angestrichen, sondern sie auch in entsprechende Nach-
lassnotizen einfließen lassen, z. B. in NL 1887, KSA 12, 9[124], 408 (KGW IX 6,
W II 1, 45, 14 f.); KSA 12, 9[182], 445, 16-20 (KGW IX 6, W II 1, 5, 30-34; Scho-
penhauer und Pascal einander angenähert) und KSA 12, 9[182], 445, 21-26
(KGW IX 6, W II 1, 5, 33-38).
94, 30 f. Dieselben sind bedingt durch Glaube, Liebe, Hoffnung — die christli-
chen Tugenden.] Vgl. 1. Korinther 13, 13: „Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung,
Liebe, diese drey; aber die Liebe ist die größeste unter ihnen." (Die Bibel:
Neues Testament 1818, 209).
94, 33 f. Übersetzungen von Lust oder Unlust-Gefühlen] Vgl. NK 93, 12 f. Hier
hat es — im Gegensatz zur Rolph-Adaption in NL 1888, KSA 13, 14[174], 360 f.
(KGW IX 8, W II 5, 30) — den Anschein, als wäre das Trachten nach Lust eine
ursprüngliche Handlungsmotivation und nicht bloß das Vermeiden von Unlust.
Vgl. auch Höffding 1887, 344: „Es liegt nun nahe, im Gegensatz zwischen
Lust und Unlust — dem Urgegensatz in der Welt des Gefühls — einen
Ausdruck des Gegensatzes zwischen Fortgang und Rückgang
des Lebensprozesses zu erblicken. Als Hauptregel liesse sich also aufstel-
len, dass Lust auf gesteigerte Thätigkeit des Lebens, auf höhere und freiere
Verwendung der Energie deutet. [...] Lust steht also jedenfalls als
Ausdruck gesteigerten Lebens, Schmerz als Ausdruck des
94, 28-30 der glückliche Ausgang einer Unternehmung schafft einem Hypo-
chonder oder einem Pascal durchaus keine angenehmen Allgemeingefühle] N.
hat sich schon früh für Blaise Pascal interessiert und ihn gelesen, vgl. NK KSA
6, 171, 30-34 und Vivarelli 1998. 1887/88 hat N. sich mit der Lektüre von Ferdi-
nand Brunetieres Pascal-Literaturbericht (Brunetiere 1887, 29-62) auf den
Stand der Forschung gebracht. Im Anschluss an Alexandre Vinet bestimmt
Brunetiere (ebd., 50-53) den Kern von Pascals Denken als Pessimismus, der
sich mit keinem irdischen Glück bescheiden kann. „Si la vie est mauvaise, et-
elle l'est, puisqu'elle ne peut contenter ni notre desir de bonheur, ni notre soif
de science, ni notre reve de vertu, cependant nous ne pouvons pas en accuser
l'auteur meme de la vie, puisque cet auteur, s'il existe, ne peut rien avoir fait
que de bon. Que reste-t-il donc, sinon de nous en accuser nous-meme?" (Ebd.,
53; Kursiviertes von N. unterstrichen und am rechten Rand markiert sowie mit
der Bemerkung glossiert: „vg[l.] Rous[seau]". „Wenn das Leben schlecht ist
und das ist es, denn es kann weder unseren Wunsch nach Glück, noch unseren
Durst nach Wissen, oder unseren Traum von Tugend befriedigen, können wir
dafür dennoch nicht den Urheber des Lebens verantwortlich machen, denn
dieser Urheber, sofern er existiert, kann nichts als das Gute gemacht haben.
Was bleibt also, außer uns selbst dafür anzuklagen?") N. hat sich die einschlä-
gigen Stellen nicht nur angestrichen, sondern sie auch in entsprechende Nach-
lassnotizen einfließen lassen, z. B. in NL 1887, KSA 12, 9[124], 408 (KGW IX 6,
W II 1, 45, 14 f.); KSA 12, 9[182], 445, 16-20 (KGW IX 6, W II 1, 5, 30-34; Scho-
penhauer und Pascal einander angenähert) und KSA 12, 9[182], 445, 21-26
(KGW IX 6, W II 1, 5, 33-38).
94, 30 f. Dieselben sind bedingt durch Glaube, Liebe, Hoffnung — die christli-
chen Tugenden.] Vgl. 1. Korinther 13, 13: „Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung,
Liebe, diese drey; aber die Liebe ist die größeste unter ihnen." (Die Bibel:
Neues Testament 1818, 209).
94, 33 f. Übersetzungen von Lust oder Unlust-Gefühlen] Vgl. NK 93, 12 f. Hier
hat es — im Gegensatz zur Rolph-Adaption in NL 1888, KSA 13, 14[174], 360 f.
(KGW IX 8, W II 5, 30) — den Anschein, als wäre das Trachten nach Lust eine
ursprüngliche Handlungsmotivation und nicht bloß das Vermeiden von Unlust.
Vgl. auch Höffding 1887, 344: „Es liegt nun nahe, im Gegensatz zwischen
Lust und Unlust — dem Urgegensatz in der Welt des Gefühls — einen
Ausdruck des Gegensatzes zwischen Fortgang und Rückgang
des Lebensprozesses zu erblicken. Als Hauptregel liesse sich also aufstel-
len, dass Lust auf gesteigerte Thätigkeit des Lebens, auf höhere und freiere
Verwendung der Energie deutet. [...] Lust steht also jedenfalls als
Ausdruck gesteigerten Lebens, Schmerz als Ausdruck des