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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0384
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Stellenkommentar GD Verbesserer, KSA 6, S. 99-100 365

verstohlenste Liebe gehört den Blonden und Blauäugigen, den hellen Lebendi-
gen, den Glücklichen, Liebenswürdigen und Gewöhnlichen." (Mann 1990, 8,
338). Dazu dann 1930 die ironische Retraktation: „Die ,Blonde Bestie' spukt
auch in meiner Jugenddichtung, aber sie ist ihres bestialischen Charakters so
ziemlich entkleidet, und übriggeblieben ist nichts als die Blondheit zusammen
mit der Geistlosigkeit." (Mann 1990, 11, 110).

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100, 2 f. Nehmen wir den andern Fall der sogenannten Moral, den Fall der
Züchtung einer bestimmten Rasse und Art.] Über „eugenische" Verbesserung
von „Rassen" verbreitet sich Galton 1883, 305-317 ausführlich. Vgl. NK 99, 5-
8. Der Entstehungskontext der Eugenik im 19. Jahrhundert war die Idee der
Sozialhygiene. Eine Kontamination der Eugenik mit rassistischen und antise-
mitischen Ideen ergab sich erst später (vgl. Weindling 1989). Der Begriff race
wird im 19. Jahrhundert häufig synonym mit „Vererbung", „erblicher biologi-
scher Anlage" verwendet (beispielsweise bei Taine 1878b, 1, 15 f.; vgl. auch
Schank 2000).
100, 3-5 Das grossartigste Beispiel dafür giebt die indische Moral, als „Gesetz
des Manu" zur Religion sanktionirt.] N. adaptiert den Text in der dubiosen Über-
tragung von Jacolliot 1876 (vgl. auch AC 56-57, KSA 6, 241-244). Zum höchst
zweifelhaften philologischen Wert dieser Ausgabe siehe Etter 1987, ergänzend
erschließen die indologischen Hintergründe Smith 2005/2006 und mit sehr kri-
tischem Blick auf N.s angeblichen Verlust an Urteilsfähigkeit Bonfiglio 2005/
2006, sodann Sommer 1999. Im Nachlass sind N.s einschlägige Äußerungen
über das Manu-Gesetzbuch viel distanzierter, vgl. NK ÜK GD Die „Verbesserer"
der Menschheit.
Über sein Lektüre-Erlebnis berichtete N. in seinem Brief an Heinrich Köse-
litz vom 31. 05. 1888, KSB 8, Nr. 1041, S. 325, Z. 41-65: „Eine wesentliche
Belehrung verdanke ich diesen letzten Wochen: ich fand das Gesetzbuch
des Manu in einer französischen Übersetzung, die in Indien, unter genauer
Controle der hochgestelltesten Priester und Gelehrten daselbst, gemacht wor-
den ist. Dies absolut arische Erzeugniß, ein Priestercodex der Moral auf
Grundlage der Veden, der Kasten-Vorstellung und uralten Herkommens —
nicht pessimistisch, wie sehr auch immer priesterhaft — ergänzt meine Vor-
stellungen über Religion in der merkwürdigsten Weise. Ich bekenne den Ein-
druck, daß mir alles Andere, was wir von großen Moral-Gesetzgebungen
haben, als Nachahmung und selbst Carikatur davon erscheint: voran der
 
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