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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0459
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440 Götzen-Dämmerung

Subjekt variable Intensität überschreitet, hört die Dynamogenität zu wachsen
auf, und man beobachtet eine Erschöpfung im Zusammenhang mit der Entla-
dung, deren Form und Richtung oft unkenntlich sind. / Zum Beispiel ein vor
einem Klavier plaziertes Subjekt gibt einen dynamometrischen Druck ab, der
zunimmt unter dem Einfluss der Erregung durch steigende Töne, dann stoppt
der Anstieg und die folgenden Erregungen produzieren abnehmende Effekte.
([...]). Die Richtigkeit des Resultats wird durch die plethysmographische Spur
desselben Subjekts bestätigt ([...]), die zeigt, dass unter dem Einfluss /36/ der-
selben Abfolge von Tönen der Blutfluss im Unterarm und in der Hand zuerst
zunimmt und danach wieder abnimmt.") Die Abnahme der Erregbarkeit des
Muskelsinns durch Töne illustriert Fere 1887, 35 f. mit zwei graphischen Dar-
stellungen.
11
118, 24-28 Der Architekt stellt weder einen dionysischen, noch einen apolli-
nischen Zustand dar: hier ist es der grosse Willensakt, der Wille, der Berge ver-
setzt, der Rausch des grossen Willens, der zur Kunst verlangt.] Zu N.s Architek-
turtheorie vgl. NK 118, 30-119, 1. In der Darstellung der verschiedenen Kunst-
und Künstler-Typen in GD Streifzüge eines Unzeitgemässen 10 u. 11 fällt auf,
dass der Tragödien-Künstler, der nach GT 2, KSA 1, 30 die Synthese apollini-
scher und dionysischer Züge verkörpert hat und als tragischer Künstler in GD
Die „Vernunft" in der Philosophie 6, KSA 6, 79, 8-10 wiederkehrt, hier gerade
nicht vorkommt: Es gibt nur Abschattungen des Dionysischen und des Apolli-
nischen, keine Mischformen. Überdies wird mit 118, 24-26 noch ein Künstlerty-
pus eingeführt, der die Dichotomie von Apollinisch und Dionysisch ganz auf-
hebt, indem er außerhalb dieser Sphäre steht, nur vom Willen berauscht wird.
Für Kunst ist damit weder das Dionysische noch das Apollinische erforder-
lich — tertium datur. Vgl. NK 79, 5-10.
118, 26 f. Wille, der Berge versetzt] Eine Abwandlung der biblischen Verlaut-
barung, wonach der Glaube Berge versetze (Matthäus 17, 20 u. 21, 21; Markus
11, 23; 1. Korinther 13, 2).
118, 30-119, 1 Im Bauwerk soll sich der Stolz, der Sieg über die Schwere, der
Wille zur Macht versichtbaren; Architektur ist eine Art Macht-Beredsamkeit in
Formen, bald überredend, selbst schmeichelnd, bald bloss befehlend.] N.s Über-
legungen zur Architektur markieren eine pointierte Gegenposition zu Schopen-
hauer, der sich als einer der ersten Philosophen überhaupt ernsthaft mit dem
Wesen der Baukunst beschäftigt hat. Wie Schopenhauer hält N. die Überwin-
 
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