Stellenkommentar GD Streifzüge, KSA 6, S. 121-122 455
hat sich N. schon früh in metrischem und musikalischem Kontext auseinander-
gesetzt, vgl. z. B. NL 1871, KSA 7, 9[116], 317 f. (zum Frühwerk siehe Günther
2008), ihn sodann moralgenealogisch perspektiviert, vgl. z. B. JGB 217, KSA 5,
153 u. AC 59, KSA 6, 248, 13 f. In NL 1885, KSA 11, 35[34], 523 (KGW IX 4, W I
3, 110-113) beschäftigt N. sich mit einem Werk von Paul Ree, in dem der „histo-
rische Blick und Takt" zwar gefordert, aber, genauer betrachtet, selbst vernach-
lässigt werden.
121, 27-29 In Einem Falle wird es mir nicht an einem grossen Anlasse fehlen,
meine These zu begründen] Nämlich in AC 10-11, KSA 6, 176, 11-178, 11.
121, 29-32 ich trage es den Deutschen nach, sich über Kant und seine „Philo-
sophie der Hinterthüren", wie ich sie nenne, vergriffen zu haben, — das war
nicht der Typus der intellektuellen Rechtschaffenheit.] Vgl. GD Was den Deut-
schen abgeht 5, KSA 6, 110, 1-5, und NK KSA 6, 176, 21-177, 5. Behler 1978, 62,
meint, N.s Kritik an Kants „Philosophie der Hinterthüren" könnte direkt von
Friedrich Schlegel inspiriert sein.
122, 1-3 die Deutschen sagen, „Goethe und Schiller", — ich fürchte, sie sagen
„Schiller und Goethe"... Kennt man noch nicht diesen Schiller?] Hehn (vgl. NK
106, 17-21) teilt in seinen Gedanken über Goethe N.s Vorbehalte gegen die
Zusammenstellung von Goethe und Schiller und steht letzterem ohnehin kri-
tisch gegenüber („Goethe seinerseits fühlte sich durch den rohen Geschmack
und die ethische Unreife seines Nebenbuhlers angewidert". Hehn 1888, 92).
„Gewiß ist Schiller mit Recht ein Liebling des Volkes, das ihn immer wieder
emporhob und wiederherstellte, wenn die neue poetisch-kritische Schule ihn
zurückwies und verkleinerte: dennoch schickt es sich nicht, sie beide [sc.
Schiller und Goethe] als zwei Brüder auf demselben Throne zu bezeichnen
(wie Bettina that) oder als Doppelstatue auf ein Postament zu stellen, wie sie
zu Weimar in abstoßender Aeußerlichkeit zu schauen sind. Schiller war ohne
Zweifel der nächste, der zweite nach Goethe, aber ein Zwischenraum blieb
doch: / proximus huic, longo sed proximus intervallo — / wie das Silber ein
edles Metall ist, aber dem Golde nachstehen muß." (Hehn 1888, 95) Die metal-
lurgische Metapher, die Hehn 1888, 109 variiert, nimmt N. in NL 1888, KSA 13,
16[36], 495 unter ausdrücklichem Bezug auf Hehn auf und wendet sie auf Wag-
ner an. N. missfallen nicht nur Schillers Moralismus und Idealismus, sondern
eben auch, dass ihm nach und nach die „Volksgunst" (Hehn 1888, 109) zufiel.
Auch bei Bleibtreu 1886b, 1-3 hatte sich N. über „den ewig alten Gegensatz
von Goethe und Schiller" (ebd., 1) belesen (zur Bleibtreu-Lektüre NK KSA 6,
50, 22-24). Vgl. zu N.s Schiller-Bild NK 111, 5 f. N. lehnt im Spätwerk ebenso
die Zusammenstellung von „Wagner und Beethoven" ab (WA 8, KSA 6, 30,
8 f.).
hat sich N. schon früh in metrischem und musikalischem Kontext auseinander-
gesetzt, vgl. z. B. NL 1871, KSA 7, 9[116], 317 f. (zum Frühwerk siehe Günther
2008), ihn sodann moralgenealogisch perspektiviert, vgl. z. B. JGB 217, KSA 5,
153 u. AC 59, KSA 6, 248, 13 f. In NL 1885, KSA 11, 35[34], 523 (KGW IX 4, W I
3, 110-113) beschäftigt N. sich mit einem Werk von Paul Ree, in dem der „histo-
rische Blick und Takt" zwar gefordert, aber, genauer betrachtet, selbst vernach-
lässigt werden.
121, 27-29 In Einem Falle wird es mir nicht an einem grossen Anlasse fehlen,
meine These zu begründen] Nämlich in AC 10-11, KSA 6, 176, 11-178, 11.
121, 29-32 ich trage es den Deutschen nach, sich über Kant und seine „Philo-
sophie der Hinterthüren", wie ich sie nenne, vergriffen zu haben, — das war
nicht der Typus der intellektuellen Rechtschaffenheit.] Vgl. GD Was den Deut-
schen abgeht 5, KSA 6, 110, 1-5, und NK KSA 6, 176, 21-177, 5. Behler 1978, 62,
meint, N.s Kritik an Kants „Philosophie der Hinterthüren" könnte direkt von
Friedrich Schlegel inspiriert sein.
122, 1-3 die Deutschen sagen, „Goethe und Schiller", — ich fürchte, sie sagen
„Schiller und Goethe"... Kennt man noch nicht diesen Schiller?] Hehn (vgl. NK
106, 17-21) teilt in seinen Gedanken über Goethe N.s Vorbehalte gegen die
Zusammenstellung von Goethe und Schiller und steht letzterem ohnehin kri-
tisch gegenüber („Goethe seinerseits fühlte sich durch den rohen Geschmack
und die ethische Unreife seines Nebenbuhlers angewidert". Hehn 1888, 92).
„Gewiß ist Schiller mit Recht ein Liebling des Volkes, das ihn immer wieder
emporhob und wiederherstellte, wenn die neue poetisch-kritische Schule ihn
zurückwies und verkleinerte: dennoch schickt es sich nicht, sie beide [sc.
Schiller und Goethe] als zwei Brüder auf demselben Throne zu bezeichnen
(wie Bettina that) oder als Doppelstatue auf ein Postament zu stellen, wie sie
zu Weimar in abstoßender Aeußerlichkeit zu schauen sind. Schiller war ohne
Zweifel der nächste, der zweite nach Goethe, aber ein Zwischenraum blieb
doch: / proximus huic, longo sed proximus intervallo — / wie das Silber ein
edles Metall ist, aber dem Golde nachstehen muß." (Hehn 1888, 95) Die metal-
lurgische Metapher, die Hehn 1888, 109 variiert, nimmt N. in NL 1888, KSA 13,
16[36], 495 unter ausdrücklichem Bezug auf Hehn auf und wendet sie auf Wag-
ner an. N. missfallen nicht nur Schillers Moralismus und Idealismus, sondern
eben auch, dass ihm nach und nach die „Volksgunst" (Hehn 1888, 109) zufiel.
Auch bei Bleibtreu 1886b, 1-3 hatte sich N. über „den ewig alten Gegensatz
von Goethe und Schiller" (ebd., 1) belesen (zur Bleibtreu-Lektüre NK KSA 6,
50, 22-24). Vgl. zu N.s Schiller-Bild NK 111, 5 f. N. lehnt im Spätwerk ebenso
die Zusammenstellung von „Wagner und Beethoven" ab (WA 8, KSA 6, 30,
8 f.).