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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0563
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544 Götzen-Dämmerung

kaum Einzelne. Ich merke wohl, warum du den Mund zum Lächeln verziehst:
allein die Sache verhält sich eben doch so. Und dann haben für uns, die wir
(weil es die alten Philosophen ja gestatten) Wohlgefallen an heranblühenden
Jünglingen finden, auch oft ihre Naturfehler einen Reiz." — Cicero 1829, 12,
1488). Jedoch findet sich an dieser Stelle gerade nicht, was N. in 149, 12-16
sowie KSA 10, 8[6] behauptet.
Die Quelle scheint eine sekundäre zu sein, nämlich die Einleitung zur Pro-
perz-Ausgabe in N.s Bibliothek (NPB 486), wo es über die Frauen in Griechen-
land heißt, sie seien „noch weiter hinter dem geistigen Fortschritte der Män-
ner" zurückgeblieben und dazu in der Fußnote: „Sogar körperlich, könnte man
glauben; wenigstens sagt Cicero, er habe bei seiner Anwesenheit zu Athen zwar
sehr viele schöne Männer, nicht aber in gleichem Verhältnisse auch Frauen
gesehen." (Propertius 1868, 12) Ein Nachweis des Cicero-Zitats wird nicht gege-
ben.
149, 25-28 Es ist entscheidend über das Loos von Volk und Menschheit, dass
man die Cultur an der rechten Stelle beginnt — nicht an der „Seele" (wie es
der verhängnissvolle Aberglaube der Priester und Halb-Priester war)] Ein ent-
sprechendes ,halb-priesterliches' Programm hat N. bei Herrmann 1887, 221 mar-
kiert: „Die Seelencultur der Religionen [...] beschränkt sich nicht auf die
Sphäre des Glaubens. Auch die Sitte, das Recht, die Politik, ja sogar Kunst und
Wissenschaft werden in den Kreis der Veredlung mit hereingezogen. Sie alle
müssen mithelfen, das Ideal des guten, wahren, unsterblichen Menschen zu
verwirklichen." (Kursiviertes von N. unterstrichen) Vgl. auch NK KSA 6, 188,
24 f.
149, 28-30 die rechte Stelle ist der Leib, die Gebärde, die Diät, die Physiologie,
der Rest folgt daraus...] N. hatte ein biologisch-„eugenisches" statt moralisch-
religiöses Züchtungsprogramm beispielsweise bei Galton 1883 kennengelernt,
vgl. Josef Paneths Bericht über eine Begegnung mit N. im Brief an Sofie Schwab
vom 26. 12. 1883: „Dann giengen wir zusammen auf den Bahnhof. Er hat den
Gedanken, die Menschen durch moralische Einflüsse zu bilden und zu modeln,
eigentlich aufgegeben und hofft nur etwas von Physischem, Nahrung und
dergl., leider konnte ich ihm auch darin nicht beistimmen. So kamen wir auf
den Galton zu sprechen" (KGW VII 4/2, 11).
149, 29 Physiologie] Vgl. NK 144, 18.
149, 30-33 Die Griechen bleiben deshalb das erste Cultur-Ereigniss der
Geschichte — sie wussten, sie thaten, was Noth that; das Christenthum, das
den Leib verachtete, war bisher das grösste Unglück der Menschheit.] Die Vor-
stellung, dass die Griechen den Leib kultiviert, die Christen ihn hingegen ver-
 
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