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Lehmann, Otto:; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 22. Abhandlung): Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle, 1 — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37294#0006
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6

0. Lehmann :

ga,nz wie ihn natürlich gefärbte oder künstlich gefärbte, gewöhn-
liche feste Kristalle zeigen.
Das Ammoniumoleat ist nicht nur die Substanz, bei welcher
zusammenfließende, also zweifellos flüssige Kristalle
zum erstenmal gesehen und in ihrem Verhalten studiert worden
sind, sondern cs eignet sich auch ganz besonders für solche
Versuche infolge seiner geringen Doppelbrechung und seiner
Stabilität bei gewöhnlicher und höherer Temperatur, auch
seiner leichten Zugänglichkeit halber.
Freilich hat man dennoch wegen des Widerspruchs des
neuen Begriffs der flüssigen Kristalle gegen die herkömmlichen
und allgemein verbreiteten Anschauungen — selbst der Laie
hält den Begriff für paradox — die Beobachtungen anders zu
deuten gesucht. Die Ammoniumoleatkristalle sollten breiartige
Gemenge feiner fester Kriställchen mit einer isotropen Flüssig-
keit oder Emulsionen oder Schäume sein; niemanden gelang aber,
die vermeintliche Heterogenität nachzuweisen oder auch nur zu er-
klären, weshalb sich solche breiartige Massen oder Schäume
in Kristallform aus Lösungen ausscheiden oder weshalb sie
optische Eigenschaften (Doppelbrechung, Dichroismus usw.)
zeigen ganz wie homogene feste Kristalle.?)
Daß derartige Einwände überhaupt gemacht werden konnten,
daß nicht jeder Zweifler sich sofort selbst von der Unhaltbar-
keit derselben überzeugte, ist darin begründet, daß die Versuche
bei Anwendung eines gewöhnlichen Polarisationsmikroskops für
denjenigen, der nicht lange Übung im Gebrauch eines solchen
besitzt, wenig überzeugend sind. Durch Konstruktion des Mikro-
Zustand, sondern zunächst in einen trübflüssigen Zwischenzustand übergehen,
um dann erst bei weiterem Erhitzen sich in die klare isotrope Flüssigkeit zu
verwandeln". Die genannten Begriffe und Bezeichnungen sind von mir einge-
führt und zuerst gebraucht worden, aber nicht in diesem, sondern in dem
oben dargelegten Sinn. Herrn ScHAEFER sind augenscheinlich nur die Arbeiten
von D. VORLÄNDER bekannt, in welchen sich der gleiche Irrtum findet.
6) Nicht jedes Präparat ist geeignet. Man erhält die erforderliche sirup-
artige Modifikation z. B. von E. MERCK in Darmstadt.
?) In dem eben erschienenen Heft der P/?,ys. 463, 1911
findet sich ein Referat über G. FRiEDEL, Le$oM3 crMfaMoyrap/üe, worin be-
sonders hervorgehoben wird : „LEHMANNS «flüssige Kristalle» werden nicht
als solche anerkannt". Weshalb nicht, hält der Referent für überflüssig anzu-
geben. Der Grund ist der, daß FRiEDEL nur absolut regelmäßige Kristalle
nennt, und daß es ihm nicht gelungen ist, einfache homogene flüssige Kristalle
zu beobachten.
 
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