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Lehmann, Otto:; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 22. Abhandlung): Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle, 1 — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.37294#0030
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30

0. Lehmann :

Kreuz, dessen Arme den Nicoldiagonalen parallel sind (Fig. 55a),
dasselbe ist indes nur sehr blaß. Beim Drehen des Analysators
wandert es mit halber Winkelgeschwindigkeit mit, so daß es
nach Verdrehung desselben um 90° d. h. bei Parallelsteilung
des Nicols um 45° verdreht erscheint. Dreht man den Tropfen
um die horizontale Achse, so verbreitert sich der horizontale
Balken des Kreuzes; der untere wird, falls die untere Nicol-
diagonale vertikal steht, zu einem dunklen Büschelpaar, der obere
verschwindet und macht einer Farbenerscheinung Platz, die aus
voneinander abgebogenen Farbenstreifen besteht, wie sie Fig. 55b
andeutet. Bei Fortsetzung der Drehung verschwindet diese
Farbenerscheinung wieder, und der Tropfen erscheint nun fast
ganz dunkel, indem der horizontale Balken des Kreuzes fast
die ganze Fläche einnimmt, während der vertikale auf zwei dunkle
Büsche! an den Enden der Symmetrieachse zusammenschrumpft
(Fig. 55c). Werden beide Nicols um 90° gedreht, so ist die Er-
scheinung in mittlerer Stellung die in Fig. 70, Taf. VII, dargestellte.
Augenscheinlich ist die Substanz nicht wie Ammoniumoleat
optisch einachsig, sonst müßten die optischen Erscheinungen
wenigstens annähernd denjenigen bei den bikonischen Störungen
gleichen. Dasselbe ergibt sich auch aus den nachfolgenden be-
schriebenen Versuchen. Weiter ist hervorzuheben, daß die
Tropfen bei intensiver seitlicher Beleuchtung in dunklem Gesichts-
feld das Tyndall-Phänomen zeigen, d. h. erleuchtet erscheinen,
wie wenn sie trübe Flüssigkeiten wären. Auch dies erklärt sich
wohl zum Teil durch die stark von der Parallelität abhängige
Lagerung der Moleküle, teilweise vielleicht auch zum Teil durch
eine eigentümliche rauhe Beschaffenheit der Oberfläche, welche
bei starker Vergrößerung und geeigneter Beleuchtung in lebhafter
Bewegung begriffen zu sein scheint, welche an die Brownsche
Molekularbewegung erinnert. Fortwährend scheinen allcnfhalben
winzige durch das Mikroskop nicht mehr erkennbare Ätzfiguren
zu entstehen, die eben so rasch wieder verschwinden. Da in-
folge der außerordentlich starken Zunahme der Löslichkeit mit
der Temperatur die Tropfen gegen Temperaturschwankungen
außerordentlich empfindlich sind, ist der Grund wohl der gleiche
wie bei der Brownschen Wimmelbewegung, insofern da, wo
Moleküle von großer Geschwindigkeit also hoher Temperatur auf-
treffen, Anätzung erfolgt, an andern Stellen umgekehrt Wachs-
tum, weil dort die Geschwindigkeit der Moleküle einer niedrigeren
 
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