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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 18. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 2 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37695#0021
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Logische Studien über Entwicklung.

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freilich angesichts der neuen Erfahrungen über Regulabilität nicht
genügt. Unsere eigene Suspensionslehre kann hier sagen, wie folgt:
Wenn Entelechie aus der Fülle der in einem Partialsystem (Zelle)
möglichen Reaktionen eine wirklich werden läßt, so ist das zu dieser
aufgewendete Material zwar in der acto-Leistung verbraucht. Aber
nur ein Teil der in Frage kommenden Materialart braucht bei
der acüis-Leistung aufgebraucht zu sein; ein Rest blieb erhalten,
und dieser Rest ergänzt sich quantitativ im Wege der sogenannten
Assimilation. So wird dem, was actu geschieht, und dem, was
potentia sich gleich bleibt, Rechnung getragen.
4. Die Suspensionslehre erklärt mit Sicherheit alle Beschrän-
kungen von Regulationsfähigkeit: eben weil Entelechie in
ihren Leistungen an die materielle Präexistenz von Möglichkeiten
gebunden ist, kann sie nicht alles1.
Vielleicht erklärt die Suspensionslehre auch den natür-
lichen Tod im Alter. Das wäre alsdann der Fall, wenn man an-
nehmen dürfte, es sei nur eine gewisse endliche Menge von Reak-
tionen mit Rücksicht auf jede bestimmte vitale Einzelleistung
überhaupt möglich, oder, anders gesagt: es könne die Fülle der
der Entelechie zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auf ge-
braucht werden. Das wäre eine ganz grundsätzliche Er-
klärung des natürlichen Teiles der Person, viel'grundsätzlicher als
die ,,Abnutzungs“theorie sie bietet.
Allerdings stellen sich nun sogleich zwei Bedenken ein, von
denen freilich das eine mehr beiläufiger Art, das andere aber höchst
wesentlich ist.
Wir selbst haben in Nr. 3 dieses Abschnittes gesagt, es müsse
jeder im Gefolge einer Suspensionsaufhebung geschehenden Ver-
wirklichung einer vorgebildeten Geschehensmöglichkeit eine resti-
tutio ad integrum des Möglichen parallel gehen oder folgen. Wenn
wir nun jetzt von einem ,,Aufbrauchen“ der zur Verfügung stehen-
den vorgebildeten Geschehensmöglichkeiten reden, so widerspricht
das der restitutio ad integrum. Man könnte die Hilfsannahme
machen, es werde mit zunehmendem Alter die Fähigkeit, die ver-
wendeten Möglichkeiten wieder herzustellen, immer geringer, bis
zur Null. Aber warum das ?
Wesentlicher ist das folgende, das freilich nicht so etwas wie
eine Einschränkung der Lehre vom „Aufbrauchen“ bedeutet, wohl

1 Phil. d. Organ. II, S. 184.
 
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