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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 18. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 2 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37695#0023
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Logische Studien über Entwicklung.

23

Überpersonales in Personales eingreift, entzieht sich jeder Ver-
mutung.
c
Soll geschichtlich nicht nur von überpersönlicher Ganz-
heitsondern auch (neben sicher bestehenden Kumulationen) hypo-
thetisch von Evolution geredet werden, so könnte diese, wie anderen-
orts gezeigt worden ist1, nur das Wissen angehen, wobei dieser
Begriff sehr weit (alles Ethische und Ästhetische umfassend) ge-
braucht wird und nicht nur das eigentlich aktuelle Wissen oder
„bewußtes Haben“, sondern ein gewisses Etwas in der „unbe-
wußten“ Seele, das des bewußten Habens Grundlage ist, bezeichnen
soll. Evolutiv entwickeln würde sich die Seele natürlich nicht
ihrem eigentlichen Wissensinhalte nach; der stammt ihr von außen
auf „zufällige“ Weise. Entwickeln in echt evolutiver Weise könnte
sie sich nur bezüglich der Schau von Aufgaben, von Problemen;
und in evolutiver Abfolge müßte sowohl der einzelnen mit solcher
Schau ausgestatteten Seele in den einzelnen Momenten ihres
Daseins als auch den einzelnen zur Schau berufenen Seelen in
ihrem Nacheinandersein dazu noch gegeben sein der besondere
Wille, die geschaute Aufgabe zu füllen. „Gegeben“ wäre das
alles vom Überpersönlichen her; die personalen Seelen sind ja
die an Körper gebundenen Manifestationen der einzelnen Evolu-
tionsschritte des Überpersönlichen. Freilich nur, insoweit per-
sonale Seelen überhaupt überpersönliche evolutive Züge tragen
und nicht, was ich nennen möchte, nur oder rein personal sind,
sind sie Manifestationen des Überpersönlichen, insofern dieses
sich evolviert (und nicht nur Manifestationen des Überpersön-
lichen in gleichsam statischer Form). Nur seltene Menschen und
sie nur in seltenen Augenblicken sind also im letzten Grunde über-
persönlich-evolutiv verankert; nämlich nur bei echter Neu-Schau
würde solche Verankerung statthaben. Sie, die Neu-Schau, würde
andererseits anzeigen, daß das Überpersönliche durch Neu-
prägung von Schauvermögen und dazu gehörigem Willen einen
„Schritt“ tat2. .

1 Vgl. zu allem hier Gesagten: Wirklichkeitslehre S. 191—213 und den
ersten Teil dieser Studien S. 59ff.
2 Hierzu S. 63 des ersten Teiles dieser Studien, wo mit Rücksicht auf
.das Problem der Freiheit die Möglichkeit, daß es nur in seltenen Menschen
seltene Augenblicke des Freiseins geben möge — fein Gedanke, der übrigens
auch Bergson nicht fremd ist) — erwogen wird.
 
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