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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 18. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 2 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37695#0054
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54

Hans Driesch:

davon, daß sie ja auch bei jeder experimentellen Zerteilung von A
mit zerteilt würde, wovon später zu reden sein wird.
Wir überlegen zunächst das folgende:
Wir haben vorausgesetzt, daß unser System ein mechani-
sches System im engeren Sinne sei, d. h. ein solches, für das die
Gesetze des Stoßes und der newtonischen Attraktion gelten. Für
ein solches System gelten bekanntlich auch die Keplerschen Gesetze
in ihrer allgemeinsten Bedeutung.
Es ist nun klar, daß jedes System unserer Art, kurz gesagt,
ein Kepler-System überhaupt bleibt, man mag ihm nehmen, was
man will. Aber ein harmonisch-äquipotentielles System soll eben
nicht nur ein Kepler-System überhaupt bleiben nach beliebigen
Störungen durch Materialentnahme, sondern es soll zu der propor-
tional „typischen“ Endverteilung der Gruppen (s. o. S. 43) führen,
ganz gleichgültig, was für Störungen an ihm durch Fortnahme
von Material gesetzt worden sind.
Daß das Sonnensystem ein harmonisch-äquipotentielles Sy-
stem, und nicht nur ein „Kepler-System überhaupt“, wäre, würde
also heißen: gesetzt, man habe demUrnebel, (den wir hypothetisch
mit Laplace und Kant setzen wollen), ganz beliebige Teile genom-
men, so wäre doch dieses unser Sonnensystem mit seinen ganz
bestimmten Planeten, Monden und Planetoiden in jeweils pro-
portional „richtigen“ Lagen herausgekommen.
Beim tatsächlich gegebenen organischen harmonisch-äqui-
potentiellen System handelt es sich aber noch um viel mehr, und
zwar um soviel mehr, um wieviel die Mannigfaltigkeit der Typik
eines Organismus die Typik der Lage der groben siderischen Massen
übertrifft. Wir wissen, daß die Typik des Organismus sehr ins
einzelne (obschon nicht ins allerletzte einzelne, d. h. nicht bis
auf die Lage jeder Zelle) geht: am Wirbeltier z. B. ist jedenfalls
die Form jedes einzelnen Skelettknochens außerordentlich
„typisch“ und ebenso die Nerven- und Gefäßverteilung. Auf
diese Typik müßte das System nach jeder ganz beliebigen
Störung in der von uns jetzt genau analysierten Weise eingestellt
bleiben.
Das Eingestelltgewesensein auf eine ganz bestimmte End-
konstellation und das Eingestellt bl eiben auf relativ ganz die-
selbe Endkonstellation (der Gruppenverteilung nach), wenn auch
ganz beliebiger Teile des ursprünglich eingestellt Gewesenen genom-
men sind — das ist es, worauf alles hinausläuft.
 
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