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Aly, Wolfgang [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 1. Abhandlung): Der Strabon-Palimpsest Vat. Gr. 2061A — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.39905#0019
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Der Strabon-Palimpsest Vat. Gr, 2061 A.

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die Klarheit der ersten Schrift durch wiederholtes Photographieren
der Photographien beliebig steigern, wodurch die Sicherheit und
Schnelligkeit der Arbeit wesentlich gehoben wird. Außerdem ist es
nicht mehr schwer, gute Schriftbilder der radierten Schrift zu be-
kommen, die wir angesichts unserer geringen Kenntnis der Schrift-
entwicklung des 4. und 5. Jahrh. wohl werden brauchen können.1)
Vat. Gr. 2061 A besitzt aber noch eine wichtige Eigenschaft.
Während die Blätter der Urhandschrift im Vat. Gr. 2306 in der
Faltung zerschnitten und neu gefaltet sind, haben die Blätter von
V1 noch fast die alte Gestalt. Sie sind nur an den Rändern ein
wenig beschnitten, so daß von den Bandkolumnen 2—5 Buchstaben
verloren gegangen sind. Dadurch daß die Doppelblätter aber noch
Zusammenhängen, ist es gelungen, den Aufbau der Urhandschrift in
allen wesentlichen Stücken wiederherzustellen, worüber Tafel 1
Auskunft gibt. Wir gewinnen damit ein greifbares Bild der ur-
sprünglichen Handschrift und wollen die Hoffnung noch nicht auf-
gegeben haben, daß sich andere Teile dieses dickleibigen Bandes
anderswo finden werden. Die Arbeit des Suchens dürfte die Kräfte
eines Einzelnen weit übersteigen. Wir richten daher an alle Biblio-
theksleitungen die dringende Bitte, nach Palimpsesten zu forschen,
denn selbst in so vorzüglichen Katalogen, wie es der von Mancini

von Herrn Sansaini, dem Photographen der Vaticana, nach meinen Angaben einige
ausgezeichnete Proben von nachgedunkelten Stellen bekommen, die mit dunkelstem
Gelbfilter aufgenommen sind.
a) Die Datierungsversuche von Gardthausen, Griech. Paläographie (1911 bis
1913) leiden, abgesehen von dem Mangel an geeigneten und genügenden Ab-
bildungen, daran, daß sie sich auf ein viel zu spärliches Material stützen. Man
wird sich gegenüber den Schwierigkeiten, die sich notorisch einer schätzungs-
weisen Datierung von griechischen Unzialhandschriften entgegenstellen, das Ziel
nicht allzuweit stecken dürfen. Aber eine relative Chronologie und eine Scheidung
mehrerer gleichzeitiger Stile, vielleicht örtlich verschiedener Herkunft, dürfte er-
reichbar sein. Wir brauchen dazu allerdings nicht nur einen Katalog sämtlicher
griechischer Unzialhandschriften, mit ausreichendem photographischem Material —
sehr viele Faksimiles lassen manches zu wünschen übrig. Man wird diese Masse
durch Hineinnahme der Palimpseste leicht auf die doppelte bis dreifache Menge
bringen, zumal die Geschichte von Palimpsesten meist leichter zu verfolgen ist
als die von gut erhaltenen Handschriften. Man wird sich auch nicht auf die Zu-
sammenstellung von Alphabeten beschränken, nachdem W. Schubart, Griech.
Paläographie (1925), S. 2 auf wichtigere Dinge hingewiesen hat. So wie man heute
keine Vasenbilder publiziert, sondern ganze Gefäße, so dürfen wir keine Buchstaben
vergleichen, sondern müssen die Handschrift als Ganzes, als Kunstwerk zu er-
fassen suchen.
 
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