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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0092
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Ernst Hoffmann:

und Eidolon durch Tmema zu trennen und durch Proportion zu
binden. Eidos und Eidolon verhalten sich zueinander wie Leben
und Tod, Lichtreich und Grab. Aber das Tmema ist zu ‘denken’,
und das ist die Rettung. Denn das Denken, welches das Tmema
setzt, weiß sich selbst als ein proportionales Denken, und Pro-
portion ist Bindung. Die Kontradiktion dient dem Aristoteles
zu nichts Derartigem, sie spielt keine Rolle für eine Dihaerese
des Seins oder für einen zurückzulegenden Weg, sondern sie ist
ein ‘Prinzip der Beweisführung’, ein logisches Axiom neben dem
Satz der Identität und dem vom ausgeschlossenen Dritten. Axiome
sind Kennzeichen unserer Erkenntnis und gelten für alle Gegen-
stände sämtlicher Wissenschaften, welche ‘beweisen’ wollen; sie
sind aber nicht konstitutiv für den substantiellen Gegenstand1.
— Die Kontrarietät dient Platon dazu, die Ordnung der sichtbaren
Welt zu begreifen, z. B. der Jahreszeiten, der Tonleiter, der Sprach-
laute; allenthalben Übergänge, allenthalben Hineinbannen von
Verschiedenartigem in gesetzliche Formen der Wandlung. Die
Kontrarietät dient dem Aristoteles dazu, Entwicklungsstufen
des Seienden zu finden, z. B. Stoff und Form, Leib und Seele,
Krankheit und Gesundheit, also: den Prozeß des Werdens als-
einen stetigen Prozeß zu verstehen und ihn nach seinen Polari-
täten zu analysieren2. — Die Privation dient Platon dazu, den
Mythos vom Eros zu dichten, vom Sehnen des Nichthabenden
nach dem Haben; oder den Vorgang des ‘Lernens’ begreiflich zu
machen, denn der Lernende gelangt zum Wissen, indem gleich-
zeitig das Nicht-Gewußte als Bedürftigkeit von ihm abfällt. Die
Privation aber dient dem Aristoteles dazu, um den Begriff der
Möglichkeit überhaupt logisch faßbar zu machen. Dem Möglichen
ist die Tendenz zum Wirklichen immanent, also ist das Mögliche
behaftet mit einer Negativität, die zum Positiven drängt3. — Die
1 Vgl. Aristoteles Metaph. IV, cap. 3.
2 Vgl. die Einteilung der musikalischen Töne und der sprachlichen
Laute Phileb. 17 aff. Dazu 24 e, 25 a. — Aristoteles über die Siacpopoc -rsXsioc
Metaph. X, cap. 4, 1055aff.
3 Bei Platon liegt der Ton auf jener Erhebung, die mit dem ‘Nicht
mehr’ verbunden ist; bei Aristoteles auf dem ‘Noch nicht’, dessen das Streben
bedarf. — An dieser Stelle möge aus Anlaß der Mathesis eine allgemeine Be-
merkung Platz finden. Das Begriffspaar [iathrjau; und Icraipfa hat, soviel ich
weiß, noch nicht die Berücksichtigung gefunden, die ihm gebührt. Die Ver-
bindung beider Begriffe ist in allen Jahrhunderten der Antike konstant.
Wissen ist Mathesis, sofern wir durch Lernen gleichsam vertikal höher kommen;
 
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