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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 2. Abhandlung): Ovids poetische Menschenwelt: die Metamorphosen als Metapher und Symphonie ; vorgetragen am 3. Juni 1989 — Heidelberg: Winter, 1991

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https://doi.org/10.11588/diglit.48162#0082
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Ernst A. Schmidt

Selbstdesavouierungen im Verein mit dem Leseerlebnis eine neue Me-
thode zu entwickeln. Dazu müssen nicht sämtliche bisher vorgelegte
Aufbauschemata vorgestellt und überprüft werden.1 Da alle die metho-
dischen Prämissen teilen und ich gerade diese überwinden will, genügt
die exemplarische Kritik an den beiden besten Untersuchungen, denen
von Walther Ludwig und Brooks Otis; die methodische Problematik ei-
nes Aufbaus der Metamorphosen aus Teilen kann auch so zum Vor-
schein kommen.
Die Kritik an Methode und Resultat von Ludwig und Otis bedeutet
nicht, daß der reiche interpretatorische Gewinn geleugnet würde, der
sich ihnen auf ihrem Wege - wenn auch meistens seitlich vom Wege und
sei es gegen ihre Gliederung sprechend oder ohne Zusammenhang mit
ihr - ergeben hat.
Das Leseerlebnis, auf das ich mich berufe, meint diese beiden allge-
meinen Eindrücke. 1. Es gibt keine wirklichen Zäsuren, Hiate, Neuein-
sätze in den Metamorphosen. Daß die Buchgrenzen das nicht sind, dar-
über sind sich Leser und philologische Aufbauanalytiker einig. 2. Dem
Leser erscheint die Fülle der Geschichten, der stetige Zug des Erzählens
trotz des Fehlens von ,Absätzen1 oder ,Kapiteln4, also von gleichsam
quantitativ-metrischer Gliederung, nicht chaotisch oder absolut willkür-
lich. Das sog. Prinzip der variatio (ein Prinzip nur insofern, als die Prin-
zipienlosigkeit prinzipiell ist) kann kaum die ganze Wahrheit sein. Der
Leser spürt oder ahnt vielmehr thematische Zusammenhänge, und er
gewinnt bei der Lektüre der ganzen Dichtung in einem Zug den Ein-
druck einer wie auch immer gearteten Verwandlung der Atmosphäre
der Dichtung, einer irgendwie, geradezu unvermerkt, vor sich gehenden
Themenverschiebung.
§ 14 Ludwigs Abteilungen und Großteile. Kritik
Walther Ludwig, Struktur und Einheit der Metamorphosen Ovids,
Berlin 1965, betrachtet Ovids Gedicht als aus zwölf Großteilen aufge-
baut, und diese faßt er wieder zu drei Abteilungen zusammen: I. Urzeit
1 Hofmann (1981), Bibliographie verzeichnet in der Rubrik „Struktur und Einheit“
(S. 2185f.) die Titel für den Zeitraum 1950-1979. Zu ergänzen ist die dortige Liste zumal
um das Kap. III, „The Plan of Ovid’s Epic“ im Ovidbuch von Brooks Otis von 1966.
Ältere Literatur und Bibliographien bei Rieks (1980), Aufbau der Metamorphosen, bes.
S. 86, Anm. 7.
 
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