Metadaten

Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Heger, Klaus [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1992, 2. Abhandlung): Junktion: eine Dimension der Sprache und ihre Realisierungsformen zwischen Aggregation und Integration ; vorgetragen am 4. Juli 1987 ; Klaus Heger zum 22.6.1992 — Heidelberg: Winter, 1992

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48166#0022
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
20

Wolfgang Raible

Besonderheit bestimmter Nomina zusammen, die unten in II.4.5 und
4.6 näher besprochen wird. - Mit dem Übergang vom verbalen in den
nominalen Bereich wird die Integration in den übergeordneten Satz nun
noch um einen Grad stärker - und spätestens hier dürfte auch klar ge-
worden sein, warum hier als Gegenpol zur Aggregation der Begriff ,In-
tegration4 und nicht die geläufigeren Begriffe der ,Subordination4 oder
der ,Hypotaxe4 verwendet werden19.
2. Die Ebene VI fällt - wie schon das Eingangszitat von Ferdinand
Brunot ausweist - auch durch ihre Differenziertheit auf. Die Rubriken
auf den einzelnen Ebenen drücken jeweils aus, welche Relationen mit
Hilfe der entsprechenden Technik zu realisieren sind. Vergleicht man
die oberen Ebenen nun mit der Ebene VI, so ist leicht zu erkennen, daß
die Ausdrucksmöglichkeiten auf der Ebene VI ungleich breiter gefä-
chert sind als auf den darüberliegenden Ebenen. Und zwar ist nicht nur
die Ausdifferenzierung in der Horizontalen, also die Zahl der Inhaltsre-
lationen groß. Auch die materielle Ausgestaltung der jeweiligen Rela-
tionen ist beträchtlich. Auf diese Ausdifferenzierung wird nochmals zu-
rückzukommen sein.
3. Auf den Ebenen über der Ebene VI gibt es, wie schon erwähnt
wurde, zum Teil eine Fixierung der Stellung derjenigen Einheiten, die
durch Junktion zueinander in Beziehung gesetzt werden sollen. Als be-
sonders hartnäckig erweist sich dabei die Konsekutiv-Relation. Offen-
bar scheinen die Sprecher vieler Sprachen gerade bei der Folge-Relation
auf eine ikonische Kodierung größten Wert zu legen. Was vom Inhalt
her das Zweite, also die Folge ist, muß auch in der sprachlichen Kette
das zweite Element sein. Auf der Ebene VI wird jedoch selbst die Posi-
tion bei der Folge-Relation wieder völlig frei. Auf Ebene VI ist also
nicht nur ein noch höherer Grad an Integration erreicht. Mit diesem
höheren Grad an Integration gewinnt man auch die Freiheit der Position
im aufnehmenden Satz völlig zurück.

19 Den Begriff ,Integration1, der hier von Anfang an gewählt wurde (vgl. unten Kap. VII),
verwendet in ähnlichem Sinn auch Wallace L. Chafe (1982, 1985). Er setzt ihm aller-
dings statt .Aggregation' den weniger neutralen Begriff .Fragmentation1 entgegen. Dies
erklärt sich daraus, daß es bei Chafe vor allem um den Gegensatz von (konzeptionell)
mündlicher und schriftlicher Rede geht, der unten in Kapitel V behandelt wird. Charak-
teristisch für „mündlichen“ Stil wäre .Fragmentation'. Von Integration sprechen auch
Christian Lehmann 1988:183 [bei ihm ist der Gegenbegriff .Autonomie'] oder Talmy
Givön 1990:515 ff. Bei Givön handelt es sich dabei um den syntaktischen Aspekt gegen-
über dem semantischen, den er ,bond‘ bzw. .strength of bond' nennt.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften